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Die Wahlprogramme strahlen Patriotismus aus

Von Miriam Sulaiman

Innsbruck - Gerade einmal drei bis fünf Prozent der Österreicher schauen sich die Wahlprogramme der Parteien an. Mit der Betonung auf „schauen". Die vom Politikwissenschafter Peter Filzmaier zitierte Statistik bezieht sich nicht darauf, dass die Programme tatsächlich durchgelesen werden. Somit ist es wohl kein Wunder, dass bis zum vergangenen Freitag noch unklar war, ob tatsächlich jede Partei ein Programm vorlegen würde.

„Nationale Karte"

Das Spektrum reicht nun von einem Flyer (Piraten) bis hin zu 136 Seiten (Grüne). Nach dem Vorbild mehrerer internationaler Zeitungen nahm sich auch die TT dieser mittels des Programms „Wordle" an und erstellte Schlagwort-Wolken: Je öfter ein Wort verwendet wird, desto größer scheint es in der Wörterwolke auf. Filzmaier analysierte des Ergebnis und stellte klar fest: „Die Parteien spielen die nationale Karte aus." Die Wörter „Österreich" und „Menschen" kommen bei allen am häufigsten vor, einzige Ausnahme: die Piratenpartei. Dass mit dem Schlagwort „Wir Europäer" keine Wahl gewonnen werde, sei wohl allen Parteien bewusst.

Eine Trennlinie kann man für Filzmaier aber beim Thema Regulierung durch den Staat ziehen. So sticht das Wort „öffentlich(e)" bei den Top 50 Worten der SPÖ heraus. Die Partei stehe für mehr Eingriffe und Unterstützung der öffentlichen Hand. Die KPÖ ruft laut der Schlagwort-Wolke erst recht nach einer Staatsregulierung. Das Pendant ist die Liste Stronach: „Man merkt den Wirtschaftsjargon."

Die Wirtschaft ist auch bei der ÖVP stark vertreten. Filzmaier wundert sich nicht: „Hier punktet sie mit Themenkompetenz. Prominent fällt aber das Wort ‚Zukunft' neben vielen Vergangenheitsbegriffen auf." Dies entspreche der Stimmungslage der Wähler: Sie würden zwar die „Zukunft" wollen, hätten aber vor großen Veränderungen Angst - Ausbau statt Umbruch lautet das Motto.

Zielgruppe Frauen

Seine Schlüsse zieht Filzmaier auch aus dem Begriff „Frauen", nachdem dieser bei der VP und den Grünen auftaucht: „Die VP hat die Frauen mittleren Alters im städtischen Bereich wie im Umland verloren, nachdem ihr Familienverständnis für diese zu eng war." Die Grünen hätten genau dort ein großes Wählerpotenzial.

Diese haben sich für Filzmaier übrigens wahlstrategisch breiter aufgestellt: „Es geht weg vom Weltrettertum und hin zu Konkretem." Umso unauffälliger steht daneben das BZÖ: „Sie haben keine Themenführerschaft, und das merkt man. Die Marke war Jörg Haider, mit dieser sind naturgemäß keine Wahlen mehr zu gewinnen." Die FPÖ hat hingegen einen klaren Schwerpunkt: Sie tritt „für" die „Menschen" und gegen „Banken" und „Großkonzerne" auf. Ihre Linie „Nächstenliebe" kommt somit nicht nur mittels des Wortes an sich heraus.

Ein Wort ist passé

Filzmaier liest bei den Neos aus der Wolke die klaren Themen wie „Schule, Bildung, Wirtschaft" heraus. Den Wunsch nach Veränderung analysiert Filzmaier zwar auch bei den Piraten, aber ohne Inhalte.

Ein früheres Modewort finde sich übrigens nicht mehr in den Schlagwort-Wolken: die Reform.

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