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Nur noch "Leipzig-Filiale"? Paderborn-Fans gehen auf die Barrikaden

Die geplante Zusammenarbeit der Bundesligaklubs RB Leipzig und SC Paderborn sorgt für Zündstoff. Vor allem die Fans des Aufsteigers sind sauer. Sie fürchten, dass ihr Verein zur "Leipzig-Filiale" verkommt und drohen sogar mit Spielboykott.

Es kracht gewaltig in Paderborn: Erst vor wenigen Tagen verkündete der frischgebackene Bundesliga-Aufsteiger, ab sofort eine enge Kooperation mit RB Leipzig einzugehen - einem Konkurrenzklub! Geplant sei eine Zusammenarbeit "im sportlichen Bereich mit dem Ziel, sich zu unterstützen und das jeweils vorhandene sportliche Potenzial bestmöglich auszunutzen", heißt es dazu auf der Paderborner Vereinshomepage.

Was bedeutet das nun genau? Zunächst sicherte sich Leipzig Anfang der Woche die Dienste des bisherigen Paderborner Sportchefs Markus Krösche. Bei der Bekanntgabe seiner Verpflichtung vor wenigen Tagen ließ RB-Vorstandsvorsitzender Oliver Mintzlaff dann noch durchblicken, wie er sich die Kooperation aus sportlicher Sicht vorstellt: Es gebe da "den ein oder anderen Spieler", den man "möglicherweise" erst einmal nach Paderborn ausleihen werde, um Spielpraxis zu sammeln, "bevor man ihn vielleicht irgendwann nach Leipzig holt." Wird der Aufsteiger zum Ausbildungsverein für RB?

Paderborner haben Angst vor Kommerzialisierung

Das zumindest befürchten die Fans. In einer im Internet veröffentlichten Erklärung heißt es: "Wir wollen kein weiterer Teil in diesem kranken Spielerkarussell der RB-Clubs, noch ein Marketinginstrument für ein Brauseprodukt sein." Man sei bereits jetzt "zu Recht (...) als 'Leipzig-Filiale' oder 'Farmteam'" verschrien, steht in dem Schreiben, das von sechs Paderborner Fanklubs unterzeichnet wurde. Bei Twitter wurde der Aufsteiger bereits als "SC PadeRBorn" bezeichnet.

Die Kritik der Anhänger zielt vor allem auf die umstrittene Finanzierung und das Vereinskonstrukt in Leipzig ab: Der Klub gilt in der Fanszene als Inbegriff der Kommerzialisierung im Profifußball, wird oft als Verein ohne Tradition und Seele bezeichnet. Haupt-Geldgeber der Sachsen ist der Getränkehersteller Red Bull. Das "RB" im Klubnamen stehe allerdings für "Rasenballsport" und sei nicht als Abkürzung des Sponsors zu sehen, hieß es immer wieder. Hinzu kommt: Stimmberechtigte Mitglieder gibt es weniger als 20 - und die stehen Red Bull nahe.

SCP-Anhänger fordern Aufkündigung der Kooperation

Die Paderborner Anhänger fürchten nun, dass das schlechte Image der Sachsen auf sie abfärbt: "Etwaige sportliche Vorteile werden durch den Verlust der Seele und Identität unseres bodenständigen Fußballvereins teuer erkauft", heißt es in der Fan-Erklärung weiter. Außerdem sehen sie den fairen Wettbewerb in der Bundesliga gefährdet und fordern daher, dass die Kooperation wieder aufgekündigt wird. "Unser SCP stand immer für ein demokratisches und von den Mitgliedern geprägtes Vereinsleben. Mit einem Konstrukt, in dem diese Werte mit Füßen getreten werden, kann keine Partnerschaft eingegangen werden."

Sollte die Paderborner Vereinsführung an der Zusammenarbeit festhalten, drohen die Fans sogar mit Spielboykott: "Unsere Vereinsliebe und die jahrzehntelange Unterstützung stirbt mit dem Tag einer RB Leipzig Kooperation."

"Völlig üblich": Paderborner Vereinsführung rechtfertigt RB-Deal

Paderborn-Präsident Elmar Volkmann kann den Zorn der Anhänger nicht nachvollziehen. "Die Kritik ist mir nicht so ganz verständlich, weil sie ja ohne jegliche Kenntnis der Sache erfolgt", sagte er. Dass man die Fans nicht in den Verhandlungsprozess eingebunden habe, begründet Volkmann so: "Demokratie im Verein heißt nicht, dass alles im Vorhinein von allen abgefragt wird. Das geht ja auch gar nicht."

Zusätzlich veröffentlichten die Paderborner eine Erklärung auf ihrer Homepage. Darin heißt es, die Kooperation ziele "auf einen gegenseitigen Austausch über sportliche Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Ausbildung von Spielern und der Fortbildung von Trainern ab". Dadurch soll ein "Know-How-Transfer in beide Richtungen" entstehen, der beiden Klubs helfe. Darüber hinaus sei ein solcher Austausch zwischen zwei Bundesligaklubs "völlig üblich" und als positiv zu bewerten, "da dadurch die Qualität innerhalb der Liga konstant gesteigert wird". Befürchtungen hinsichtlich einer Wettbewerbsverzerrung wischt der Verein ebenfalls weg: "Die Integrität des Wettbewerbes und die Rivalität in der Liga wird davon in keinster Weise beeinträchtigt."

Auch Paderborn-Coach Steffen Baumgart versuchte, die Wogen zu glätten. "Wir werden keine Zweigstelle, kein Ableger oder Filiale von RB Leipzig. Wir bleiben eigenständig und behalten unsere Identität", sagte er dem "Westfalen-Blatt". Ein regelmäßiger Austausch zwischen Bundesligaklubs sei ohnehin bereits gängige Praxis: "Wir leihen uns Spieler, um unsere Ziele zu erreichen. Das haben wir in der Vergangenheit auch mit anderen Vereinen gemacht, alles andere wäre auch fahrlässig."

Um die verprellten Anhänger wieder ins Boot zu holen, soll es Ende Juni ein Treffen mit der Vereinsführung geben. SCP-Präsident Volkmann: "Dann werden wir [den Fans] die Kooperationsinhalte vorstellen und somit darlegen, dass alle Befürchtungen unbegründet sind."

Quellen: SC Paderborn, Erklärung der Fans, "Westfalen-Blatt"

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