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Hooters auf dem Kiez: Wie sexistisch ist die Fleischbeschau beim Hühnerbräter?

Aufregung an der Reeperbahn: In dieser Woche hat die US-Restaurant-Kette Hooters ihre erste Filiale in Hamburg eröffnet. Das Konzept ist simpel: Fast Food wie Burger und Chicken Wings werden von äußerst knapp bekleideten Damen serviert, die auch regelmäßig kleine Tänze aufführen. Man habe bereits 1000 Reservierungen, jubeln die Betreiber. Aber ist diese Fleischbeschau nicht sexistisch? Zwei MOPO-Redakteure sind unterschiedlicher Auffassung.
  

Pro: Knappes Outfit auf dem Kiez - das kann doch echt keinen schocken

Lars Albrecht (37) ist stellvertretender MOPO-Sportchef. Bevor Trump kam, ist er regelmäßig in die USA gereist und hat gerne auch mal bei Hooters gegessen.

Männer sind Schweine, weiß ja jeder. Und wenn sie knappe Hotpants und einen tiefen Ausschnitt sehen, können sie nicht anders, als sabbernd nach allem zu grapschen, was nicht bei drei hinterm Tresen ist. Nein, sorry, trotz der unrühmlichen Ausnahmen, die es leider ohne Frage gibt, gehen mir Pauschalurteile, die über mein Geschlecht herrschen, gehörig gegen den Strich. Genau wie nicht alle Frauen, die sich sexy kleiden, auf ein Rendezvous im Bett aus sind, so ist auch nicht jeder männliche Hooters-Besucher gleich ein widerlicher Voyeur.

Auf meinen Reisen in die USA habe ich diverse Filialen dieser 1983 gegründeten Fast-Food-Kette besucht, habe dort gut gegessen und getrunken, habe American Football und sicher auch mal auf den einen oder anderen Hintern geguckt. Dass das Konzept mit Bedienungen in knappen Cheerleader-Outfits anrüchig und sexistisch ist, konnte ich dabei nicht erkennen. Zumal ich bei meinen Besuchen viele Familien mit Kindern gesehen habe - im prüden Amerika wohlgemerkt.

Und wäre das alles so schlimm und verachtenswert, gäbe es in Zeiten von Shitstorms sicher nicht 420 Hooters-Restaurants in weltweit 29 Ländern mit über 20.000 Beschäftigten. In allen Läden gilt übrigens die klare Regel: Gucken erlaubt, berühren verboten! Grapscher sind sofort dem Management zu melden und werden aufgefordert, zu gehen. Logo, das muss auch so sein.

Nun kommt also Hamburg als Standort dazu. Genauer gesagt die Reeperbahn, die sündige Meile. Also der Ort, an dem Mann für Geld fast alles mit Frauen anstellen kann. Strip-Bars, Bordelle, Sex-Shops beherrschen hier bekanntlich das Straßenbild - und da soll mich das Outfit der Hooters-Girls schocken? Nein, das ist mir viel zu scheinheilig. Ich gehe dort ohne schlechtes Gewissen hin. Meine Frau kommt übrigens mit. Sie steht auf die Chicken Wings.


Kontra: Schluss mit dem überholten primitiven Rollenverständnis!

Miriam Khan (29) ist Online-Redakteurin und mag auch gerne Burger. Sie hat letztes Jahr fünf Wochen in den USA gelebt. Bei Hooters war sie nicht - aus gutem Grund.

Klar, kein Hooters-Girl wird dazu gezwungen, ein Hooters-Girl zu sein. Und wenn sich eine junge Frau dafür entscheidet, halbnackt Burger zu servieren, ist daran auch nichts Verwerfliches. Ihre freie Entscheidung, denn Frauen dürfen sich heutzutage (bei uns zumindest) aussuchen, womit sie ihr Geld verdienen.

Aber natürlich sieht die Arbeitskleidung der Hooters-Girls nicht so aus, wie sie aussieht, weil das besonders praktisch wäre. Sondern weil die extrem knappen Hotpants, hautfarbenen Leggins und tief dekolletierten Tank-Tops Männer anlocken. Weil Männer sich gerne Burger servieren lassen von halbnackten Frauen. Dieses sexistische Rollenverständnis ist nicht nur primitiv, es ist auch völlig überholt.

„Lass uns doch den Spaß, du olle Emanze", mag jetzt so mancher Leser denken. Aber was ich mich dabei frage: Schmeckt der Burger denn weniger gut, wenn er von einer Frau in langer Hose serviert wird? Von einer Frau, deren Brüste nicht aus einem engen Top quellen? Nein.

Die freizügigen Outfits haben aber noch einen anderen Hintergrund: Je mehr zu gaffen, desto höher das Trinkgeld - so die einfache Rechnung bei Hooters. Mir widerstrebt die Vorstellung, dass eine Frau sich ausziehen muss, um ihre Chancen auf Trinkgeld zu erhöhen. Folgt man dieser Logik, bemisst sich der Wert ihrer Arbeit nämlich nicht an ihren Qualifikationen als versierte Kellnerin, sondern an dem (Nicht-) Vorhandensein von Stoff. „Verdienen" Hooters-Girls also - im doppelten Sinne - nur dann Trinkgeld, wenn sie ihren Körper entsprechend in Szene setzen?

Natürlich schockt nackte Haut auf dem Kiez keinen mehr. Und ja, es mag sein, dass Frauen ein paar Läden weiter für Geld noch tiefere Einblicke gewähren. Aber darum geht es in meinen Augen auch gar nicht. Es geht darum, dass Frauen ihre Klamotten ausziehen, um a) Männer zu bespaßen und b) ihr Trinkgeld zu erhöhen. Und das nicht etwa in einem Strip-Schuppen, sondern in einer selbst ernannten Sportsbar. Nein, ich finde, im 21. Jahrhundert muss sich keine Frau mehr angaffen lassen, wenn sie Burger serviert.

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