Die „Informationsstelle für Journalismus &
Entwicklungspolitik“ wird heuer 15 Jahre alt. Christine Tragler,
Koordinatorin der „ISJE“, zieht Resümee über entwicklungspolitische
Themen in österreichischen Medien.
Was ist die „Informationsstelle für Journalismus & Entwicklungspolitik“?
Wir sind eine Schnittstelle zwischen NGOs, Experten und Medien und
vermitteln entwicklungspolitisch relevante Kontakte an Journalisten. Wir
bieten zudem Fortbildungen an, zum Beispiel für angehende Journalisten,
um schon früh ein globales Bewusstsein zu schaffen. Gegründet wurde die
„ISJE“ 2001 aufgrund einer Studie über die Berichterstattung
entwicklungspolitischer Themen im ORF. Dabei wurde klar, wie wenig
darüber berichtet wird. Daher wollen wir den globalen Süden abseits von
Naturkatastrophen oder Kriegen in die Medien bringen. Denn wir hören
immer noch viel zu wenig über Asien, Lateinamerika und Afrika.
Warum?
Neben der geographischen Distanz herrscht eine tradierte Blindheit
gegenüber Zusammenhängen und wechselseitiger Abhängigkeiten vor. Große
Sportereignisse führen manchmal dazu, auch einmal über andere Dinge zu
berichten, wie etwa bei der WM 2014 in Brasilien über die Proteste der
Zivilgesellschaft.
Wie ist umgekehrt die Berichterstattung über Europa?
Ich habe erlebt, dass beispielsweise in Lateinamerika sehr viel mehr
über Europa berichtet wird und weniger über das, was in der Nähe
passiert. Mich erschrecken auf Reisen oft Werbeplakate, die in das
andere Extrem gehen, wie etwa „Machen wir’s so wie in der Ersten Welt“.
Hat sich die Berichterstattung über den globalen Süden durch die Neuen Medien verändert?
Ja, es gibt eine Demokratisierung der Information. Bei einer
Veranstaltung hatten wir einen aserbaidschanischen Blogger im Exil zu
Gast. Seine journalistische Arbeit findet mittlerweile dank Twitter und
Blogs große Verbreitung. Das ist eine neue Globalität in der
Berichterstattung.
Angenommen ich bin Journalist einer österreichischen Redaktion und möchte über Kenia berichten, worauf muss ich achten?
Gerade bei Afrika ist es immer wieder erstaunlich, wie wenig
differenziert man über diesen vielfältigen Kontinent berichtet. Das
beginnt damit, dass man nur von Afrika spricht und nicht die einzelnen
Länder benennt. Außerdem: Neues erzählen und den Blick auf Zusammenhänge
schärfen. Eine Sprache auf Augenhöhe. Wichtig ist auch der Kontakt zu
Journalisten vor Ort. Nicht nur das Schreiben über jemanden, sondern
auch Menschen vor Ort zu Wort kommen lassen.
Viele Medien ziehen aus Geldmangel Auslandskorrespondenten ab. Mit welchen Auswirkungen?
Grundsätzlich keine positive Entwicklung, aber es hat nicht nur
Nachteile. Eine ugandische Bloggerin erzählte uns, dass dadurch Leute
vor Ort für die Berichterstattung angefordert wurden. Lokale Redakteure
können davon profitieren.