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I need your Grace alone | Low live in Berlin

Low. Foto: Shelly Mosman

Anfang der 2000er-Jahre wurde mir in einem Musikforum (die damals noch von herausragender Relevanz waren) aufgrund meiner anderen Präferenzen die Musik von Low empfohlen. Nach kurzem Reinhören watschte ich ab: viel zu lahm, viel zu leise, viel zu langweilig. Es musste erst das Jahr 2006 kommen und ich in eine schwere Depression rutschen, um der Band eine neue Chance zu geben. „Laser Beam" war der Schlüsselsong für mich, den ich eher zufällig in einer Liste der „Saddest Songs ever" auf dem Sigur-Rós-Messageboard entdeckte. Seither sind sie eine meiner liebsten und wichtigsten Bands geworden - und geblieben.


Low sind im Kern das Ehepaar Mimi Parker (Schlagzeug, Gesang) und Alan Sparhawk (Gitarre, Gesang), unterstützt durch wechselnde Bassisten; seit zehn Jahren zupft Steve Garrington. Als Gegenbewegung zum laut-penetranten Grunge der 90er-Jahre spielte Low anfangs gefühlt auf Zeitlupe heruntergebremsten Minimalrock, durchzogen von Experimenten mit Drone-Elementen und immer getragen von den Gesangsharmonien des Paares aus Duluth, Minnesota. Besonders Mimi Parkers weiche, urmütterllich-warme Stimme gehört zu den schönsten in der Musikwelt. In den jungen 2000er-Jahren schlichen sich zunehmend Folkelemente in Lows Lieder. Viele schätzen das in dieser Phase erschienene „Things We Lost In The Fire" (2001) bis heute als ihr stärkstes Album, für mich wird es aber klar durch den Nachfolger „Trust" (2002) übertroffen.


Den Ultraminimalismus warfen sie 2005 endgültig über Bord, „The Great Destroyer" war das erste ‚laute' Low-Album. Alan Sparhawk driftete in der Folge in eine schwere Depression, begleitet von psychotischen Episoden - dokumentiert unter anderem in der auf DVD erschienenen Banddoku „You May Need A Murderer" (2007). Seither hat sich das Trio gefangen und einen Stil etabliert, der irgendwo im Bereich des folky Indierock mit kleinen Elektro- und auch mal Ambient-Einflüssen liegt. Das neue Album aber, „Double Negative", ist wieder ein ganz anderer Schnack und bis heute drastischste Neuerfindung des Lowsounds.


Anstatt einer Wall of Sound, als deren Gegenkonzept Low quasi gestartet wurde, steht vor dem Großteil der elf Stücke eine ganze Barricade of Sound, ein eiserner, übersteuerter Noise-Mantel, der sich ab und an teilweise und noch seltener ganz öffnet. Dahinter stehen im Grunde übliche Low-Tugenden und -Kompositionen, die in ihrer Klarheit und emotionalen Eindringlichkeit sogar an die Anfangszeiten der Band erinnern, sich aber erst erarbeitet

werden müssen. „Double Negative" ist kein ‚leichtes' Album, in seinem Konzept aber auch nicht so stur, dass es Ersthörer völlig verschreckt. Zu den Highlights zählen das überspitzt polternde, latent aggressive „Rome (Always In The Dark)", Mimi Parkers Gesangsglanzstück „Fly" und das ernüchternd melancholische „Always Trying To Work It Out". Das Interessante ist: Der Noisepanzer ist keine wahllose Spielerei einer ihrer selbst übersättigten Band, im Gegenteil, er macht das Klangkonstrukt Lows beinahe noch spannender.


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Low auf Tour in Deutschland 2018/19

Mo, 8.10.18 - Leipzig, UT Connewitz Di, 9.10.18 - Festsaal Kreuzberg, Berlin Mi, 10.10.18 - Christuskirche, Bochum Di, 5.2.19 - E-Werk, Erlangen Mi, 6.2.19 - Kulturkirche, Köln Do, 7.2.19 - Frankfurt am Main, Sankt Peter Fr, 8.2.19 - Hamburg, Uebel & Gefährlich

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