Erst als zweiter Teil des Originals angekündigt, kommt "Prey" jetzt als Neuauflage der 2006er-Version – und verspricht, mehr als nur ein Sci-Fi-Egoshooter zu sein, in dem Außerirdische eine Raumstation überrennen. Was genau hier das Besondere ist, verrät unser Test.
Es ist einer der Klassiker in Sachen Science-Fiction-Stories: Im Jahr 2032 ist Morgan Yu das Testsubjekt eines groß angelegten Experiments. Es geht um nichts Geringeres als eine Erweiterung, Verbesserung des menschlichen Gencodes. In einer fortwährenden Simulation auf der Raumstation Talos 1 soll Morgan leistungsfähiger, stärker, effizienter werden. Aber es kommt wie es kommen muss: Etwas läuft schief. Denn die immense Leistungssteigerung soll durch Alien-DNS geschehen, die ebenfalls auf der Raumstation erforscht wird. Und denen schmeckt das experimentelle Treiben nicht, weshalb sie ausbrechen und die Station terrorisieren.
Am Spieler liegt es nun, als Morgan schlichtweg zu überleben. Das wäre als normaler Mensch schier unmöglich, weshalb er oder sie – das Geschlecht Morgans ist frei wählbar – sich mit hinterbliebenem Equipment kurzerhand aufpimpt. Denn dank der Forschung mit den Alien-Genen sind durch sogenannte Neuromods Steigerungen und sogar übermenschliche Fertigkeiten für Morgan in greifbarer Nähe. Dies hat aber seinen Preis, in Form eines hartnäckigen Verfolgers, aber dazu soll hier nichts weiter verraten werden. Morgan kämpft sich also durch Dutzende Ebenen der Raumstation, hat erst nur einen Schraubenschlüssel und eine Art modernen Feuerlöscher als Waffe. Die Außerirdischen kommen dabei zunächst als kleine spinnenförmige Krabbelviecher daher, die Mimics. Entsprechend ihres Namens können sie sich sehr gut als Gegenstände tarnen und peitschen gerne unvorhergesehen aus den Ecken hervor.
RPG-Elemente: Crafting-System und Skill-Entwicklung
Während das nervige Kleinzeugs noch keine riesige Bedrohung darstellt, tun dies die Phantome schon eher. Hier haben die Schattenwesen menschenähnliche Proportionen angenommen und verschießen leuchtende Energiekugeln. Denen ist Morgan zuerst chancenlos ausgeliefert und muss die Flucht ergreifen. Gut, dass einiges an Material auf der verwüsteten Station zur Verfügung steht, denn durch Scans der Aliens lassen sich nicht nur ihre Schwachstellen erfahren, sondern auch ihre Fertigkeiten adaptieren. Diese kann sich Morgan dann selbst zunutze machen. Warum und wieso das geht, offenbart die Story erst im weiteren Verlauf, natürlich ging es bei den Experimenten nicht nur um eine einfach Verbesserung der Menschheit. Das wäre wohl zu einfach und humanistisch gedacht.
"Prey": Ein langer Weg ins offene All
Dass "Prey" nun endlich erschienen ist, grenzt ein wenig an ein Wunder. 2016 wurde es auf der E3 als Neuauflage des Originals von 2006 angekündigt, dessen zweiter Teil nie erschien. Zuerst gab es Rechtsstreitereien um die verwendete Engine und schließlich sogar einen Wechsel des Entwicklerstudios – von Human Head Studios zu Arkane. Das war 2013 und Publisher Bethesda strich das offizielle Sequel "Prey 2", verwarf die Ideen von Human Head. Stattdessen wurde es nun die frische Version des ersten Teils, die simultan zu "Dishonored 2" von Arkane entwickelt wurde.
Dessen Rollenspielelemente finden sich ähnlich auch in "Prey" wieder, weshalb es in jeder zweiten Review tönt, es handle sich hier nicht um einen Egoshooter – doch, das tut es, eben um einen etwas aufgemotzten. Zwar geht es auch ums ständige Sammeln von Ersatzteilen, das Verarbeiten dieser und Erweitern etc., aber im Kern bleiben die Feuergefechte mit den Außerirdischen. Die gestalten sich flüssig, und die Raumstation schaut dabei plastisch und toll aus. Das Design der Aliens erinnert an den Sci-Fi-Hit "Arrival" von Denis Villeneuve aus dem Jahr 2016, nur eben in böser Variante. So richtig gruselig geht es hier aber nicht zu, und an Abwechslung mangelt es bei den fiesen Raumstaubwolken leider auch etwas.
Dichte Atmosphäre im Orbit
Hervorragend gelungen ist in "Prey" aber vor allem die Präsentation. Mit jedem auftauchenden Gegner setzt überspitzt dramatische Musik ein, auch wenn Du den auslösenden Mimic gerade gar nicht gesehen hast. Die elektronischen Synthesizer-Klänge und das dumpfe Grollen an Bord der Talos 1 sind Hollywood-würdig und machen viel aus bei der Atmosphäre des Spiels. Das macht auch die Schwächen wett, zu denen nicht nur das Gegnerdesign zählt. "Prey" spielt sich recht altmodisch, Egoshooter-Fans werden vom geringen Tempo und geringen Feuer-Feedback wahrscheinlich zuerst enttäuscht sein – gerade verglichen mit aktuelleren Titeln wie "Doom". Das Vergnügen an "Prey" wächst allerdings mit der Zeit und es ist für kurzes Anspielen daher nicht geeignet.Erst mit der Zeit verbessert sich die spartanische Ausrüstung deutlich und das Survival-Horror-Element fährt etwas zurück. Die frei erkundbare Raumstation hat viele verborgene Ebenen, die Du teilweise auch nur durch einen Spacewalk an der Außenhülle entdecken kannst. Auch hier kommt es zu Feindkontakt, der nicht zuletzt wegen des freien Schwebens tricky ausfällt. Wenn Du kein Shooter-Experte bist oder mit der Controller-Steuerung auf Konsole Probleme hast, empfiehlt sich der leichte Schwierigkeitsgrad. Der hat noch immer genügend Herausforderungen zu bieten. So lässt es sich auch mehr auf die Story konzentrieren, die mit einigen Nebenquests und immer mehr Kontakt zu Überlebenden stetig an Fahrt aufnimmt.
"Prey"-Fazit: Solide Shooter-Kost
Was lange brauchte, wurde letztlich gut: "Prey" ist wegen seiner etwas behäbigen Handhabung und altbacken wirkenden Story nicht der Überhit geworden, den viele erwartet haben. Aber das tolle Design, die großartige Soundkulisse und der gut funktionierende Genre-Mix aus Egoshooter, Survival-Horror und Rollenspielelementen gehen auf und machen Spaß. Allerdings heißt es hier: Nur wer sich für das Spiel Zeit nimmt und auch durchhält, entdeckt das volle Potenzial.
"Prey" ist am 5. Mai 2017 für PS4, Xbox One und PC erschienen. Wer sich den Sci-Fi-Shooter vor dem Kauf ansehen möchte, kann auch die kostenfreie Demo zum Ausprobieren downloaden.
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