Ich weiß noch, wie ich bei meinem ersten Xiu-Xiu-Konzert stand, in der KMH-Halle auf Kampnagel. Es muss 2014 gewesen sein, damals zur Tour um den „Angel Guts: Red Classroom"-Release. Ich kannte und schätzte Jamie Stewarts Projekt bereits seit „Fabulous Muscles", also zehn Jahren. Aber selbst als avantgardeerfahrener Hörer hinterließ mich die Show in einer besonderen, undefinierbaren, absurden Stimmung. Verloren im Noisegewitter stehend, war ich oft überfordert und angestrengt, zu gleichen Teilen fasziniert und hypnotisiert vom kaputten Charisma Stewarts und seiner mitspielenden Musikerinnen. Ich war letztlich froh, es mir angesehen und angehört zu haben, auch wenn es streckenweise nicht einfach war.
Hellauf begeistert war ich dann letztes Jahr von Xiu Xius Darbietung des „Twin Peaks"-Soundtracks, welcher fabelhaft im Klang des Krachpopprojekts funktionierte. Nun ist das neue Album „Forget" draußen und in der Kritik heißt es, es sei das zugänglichste der Band. Stimmt irgendwie, Stewart zerfickt uns ausnahmsweise nicht (so sehr) mit ausuferndem Gejaule und Dissonanzgewitter. Doch gottlob ist auch dieses Werk weit davon entfernt, im klassischen Sinne „schön" zu sein. Da sind aber diese gefälligen Momente wie das handzahm nagende „Wondering" oder frickelige Finale eines „Get Up", da mischt sich etwas in den Xiu-Xiu-Kosmos ... ich habe Angst, es Wohlgefühl zu nennen. Das kann ich nicht akzeptieren, das will und werde ich akzeptieren. Und bin unglaublich gespannt auf diese Tour.