Wie bringt man sowohl im Osten als auch im Westen die Kinokassen zum Klingeln? Man nimmt sich ein Stück chinesische Sagenwelt, macht daraus ein Actionfest und setzt Hollywood-Superstars mitten hinein. "The Great Wall" ist der teuerste Film, der jemals in China produziert wurde: Er kostete satte 135 Millionen US-Dollar. In der Hauptrolle ist aber kein Chinese zu sehen, sondern Matt Damon. Kann das gut gehen?
Das erste Missverständnis: Bei "The Great Wall" handelt es sich nicht etwa um ein historisches Dokudrama über die Errichtung der Chinesischen Mauer, dem 21.196 Kilometer langen Bollwerk zur Verteidigung des Kaiserreiches gegen Angreifer. Vielmehr ranken sich um das imposante Unesco-Welterbe auch viele Sagen und Legenden, von denen eine für den Film aufgegriffen wurde. Demnach wurde die Mauer einst von gefräßigen Monstern attackiert, den Taotie.
Diese echsenartigen Vierbeiner finden sich häufig als Gravuren in der chinesischen Kunstgeschichte wieder, sie datieren zurück bis ins 18. Jahrhundert vor Christus. Allerdings wurde sich im Film natürlich viel künstlerische Freiheit zwecks Ausschmückung der Geschichte genommen. Die Verfilmung übernahm der Schauspieler und Regisseur Zhang Yimou, der im Westen vor allem durch poetische Martial-Arts-Streifen wie "Hero" (2002) und "House of the Flying Daggers" (2004) bekannt wurde.
Chinesische Schlachtplatte mit allem: Die Story von "The Great Wall"
Die Handlung wurde für das Spektakel schlicht gehalten: Eine Gruppe "europäischer" Söldner (ihre Nationalität wird nicht genauer genannt) durchquert im 15. Jahrhundert die Wüste Gobi auf dem Weg nach China. Sie haben es auf das legendäre Schwarzpulver abgesehen, dass es dort geben soll und das "Luft in Feuer verwandelt". Eines Nachts werden sie aber am Lagerfeuer von einem mysteriösen Monster attackiert. William Garin (Matt Damon, "Der Marsianer") und Pero Tovar überleben den Angriff und schlagen der Kreatur eine Kralle ab. An der Chinesischen Mauer angekommen, werden sie gefangen genommen und General Shao vorgeführt. Der ist beeindruckt von Garins Bogenkünsten und dem Umstand, dass er einen der Taotie niedergestreckt hat.
Die furchterregenden Viecher sollen mit einem Kometen in einen Berg gekracht sein und suchen seitdem das Kaiserreich alle 60 Jahre heim, um die Menschen für ihre Gier und Unersättlichkeit zu bestrafen. Es dauert auch nicht lange, bis die beiden Europäer den ersten Angriff der Terrorechsen miterleben und zwangsläufig an der Seite der smarten Kommandeurin Lin Mei die Chinesische Mauer und damit das Reich beschützen. Allerdings ist da noch Ballard (Willem Dafoe, "Spider-Man"), der seit Jahren von den Kriegern als Sprachlehrer gefangen gehalten wird und es ebenfalls aufs Schwarzpulver abgesehen hatte. Er wäre das Ticket zu Freiheit und Reichtum für die beiden Söldner – allerdings werden die Taotie immer gefährlicher und gerissener …
Wenn Ost und West aufeinanderprallen
An "The Great Wall" wird abermals deutlich, warum der Clash zwischen östlicher und westlicher Filmwelt nicht so leicht umzusetzen ist. Zu unterschiedlich sind die kulturellen Sehgewohnheiten. Was hier gefällt: Die Action ist knackig und von Zhang Yimou routiniert inszeniert. Zwar sind die Taotie recht wenig überraschende Standardmonster und nur okay animiert, aber durch einige Kniffe und Einfälle bleibt die Verteidigung der Mauer über die knappen zwei Stunden recht spannend. Allerdings wirken die bunten Kostüme der Chinesen, die unweigerlich an "Power Ranger"-Outfits erinnern (auch wenn diese ursprünglich aus Japan kommen) und die selbstverständlich erscheinende Verknüpfung mit der Sagenwelt für Europäer eher befremdlich.
Matt Damon, der nicht zuletzt durch die "Bourne"-Trilogie kampferprobt ist, liefert trotz des skurrilen Kontextes eine gewohnt souveräne Leistung ab. Auch sein Sidekick Pedro Pascal, der durch sein grausames Schicksal als Oberyn Martell in "Game Of Thrones" zu Weltruhm kam, macht seine Sache ordentlich. Ihre Figuren bleiben allerdings flach und banal, mit Charakterzeichnung hält sich "The Great Wall" nicht auf.
"The Great Wall"-Kritik: Fazit
"Das chinesische Mammutwerk ist ein kurzweiliges Spektakel, das
schnell wieder vergessen ist, aber immerhin keinen allzu bitteren
Nachgeschmack hinterlässt. Freunde von stylisher Asia-Action und
natürlich Fans von Matt Damon dürften ihren Spaß haben mit der
Koproduktion zwischen Ost und West.