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Interview

Mareen Hufe: Wie man Ironman und Beruf vereinbaren kann

Beim Ironman auf Hawaii will Mareen Hufe unter die Top 10. Anders als die meisten Konkurrentinnen ist die 40-Jährige aus Wesel aber nicht von Platzierungen und Preisgeldern abhängig. Denn die Triathletin, die Bankbetriebswirtschaft und internationale Wirtschaft studiert hat, arbeitet trotz des immensen Trainingsumfangs als Angestellte. Hufe startet für den Verein Triminators TV Voerde. Im Juli 2018 gewann sie beim Ironman Austria ihr erstes Ironman-Rennen. Auf Hawaii ist sie neben Anne Haug und Katja Konschak eine von drei deutschen Starterinnen.


sportschau.de: Frau Hufe, wann haben Sie in der wichtigsten Woche Ihres Sportjahres zuletzt an ihren Job gedacht?


Mareen Hufe: Recht häufig, denn bis Mittwoch war ich ganz normal im Dienst. Ich arbeite auf 50-Prozent-Teilzeitbasis im Vertriebscontrolling. Und jeweils anfangs des Monats ist es meine Aufgabe, verschiedene Reports zu erstellen. Da der Ironman Mitte des Monats stattfindet und ich natürlich ein paar Tage früher anreisen muss, erledige ich die Berichte jedes Jahr parallel zu meiner Rennvorbereitung im Hotel auf Hawaii. Das läuft seit einigen Jahren so und ist tatsächlich auch gar kein Problem.


Andere Sportler würden von einer Doppelbelastung sprechen?


Mareen Hufe bejubelt ihren ersten Platz beim Ironman in sterreich


Hufe: Ich habe diese Konstellation bewusst gewählt. In erster Linie, weil ich diesen Job sehr, sehr gern mache. Wenn ich im Alltag wählen könnte, ob ich eine dritte Trainingseinheit am Tag einschiebe oder lieber ins Büro gehe, dann gehe ich viel lieber arbeiten. Für mich ist es eine ganz große Hilfe, dass ich nicht nur Triathlon im Kopf habe. Denn der Druck, den man als Sportler von außen spürt, der ist in meinem Fall einfach geringer. Wenn ich mal müde Beine habe und im Training rausnehmen muss, kann ich auch länger arbeiten gehen. Dann habe ich kein schlechtes Gewissen, dass ich auf der Couch herumliege. Klar, das würde ich auch gern mal machen, kommt aber nur sehr selten vor.


Wie sieht eine Alltagswoche bei dir aus?


Hufe: In einer normalen Woche trainiere ich an fünf Tagen jeweils zwei bis drei Mal. Montag und Freitag sind meine Entlastungstage. Insgesamt ist mein Alltag damit gut durch Training und Arbeit erfüllt, allerdings achte ich darauf, dass ich bis 18 oder spätestens 19 Uhr alles erledigt habe, so dass dann meine Freizeit beginnen kann. Und die Trainings plane ich natürlich so, dass es für die Termine im Büro auch passt.

 

Was ist, wenn es im Büro mal brennt?

 

Hufe: Wenn Terminsachen fertig werden müssen, stehe ich öfter vor der Entscheidung, Sport oder Beruf? Dann entscheide ich mich halt für den Beruf. Meistens betreffen diese Kompromisse dann das Radfahren, denn das nimmt am meisten Zeit in Anspruch. Aber wenn ich da mal eine Trainingseinheit nicht mache, geht davon die Welt auch nicht unter. Ich schaffe es trotzdem, kontinuierlich zu trainieren. Der Erfolg hängt nicht von einzelnen Trainingseinheiten ab. Ich habe mit Ute Mückel auch eine gute Trainerin, die das versteht und sofort reagiert und Trainingspläne umstellt. Diese Unterstützung habe ich von meiner Trainerin, meiner Familie, meinen Freunden - die wissen, dass ich manchmal einen anderen Fokus habe. Bisher hat es immer gut funktioniert.


Was unterscheidet die berufliche von der sportlichen Mareen Hufe?


Hufe: Im Job lege ich eigentlich die gleiche Taktung an den Tag wie im Sport. Ich mache meine Sachen vernünftig, ich mache sie ordentlich, ich bin motiviert, sie gut zu machen oder sehr gut zu machen. Aber ich denke nicht, dass man immer 110 Prozent geben muss, denn das endet letztlich in einem Burnout. Aber ich mache meine Sachen sehr vernünftig und verantwortungsvoll, was auch mein Chef sieht. Und deshalb gibt er mir Freiräume. Kürzlich hatten wir eine Telefonkonferenz mit sieben Personen. Neben mir waren vier, fünf andere dabei, die nicht in Wesel vor Ort waren. Wir sind ein globales Unternehmen mit internationalen Teams. Von daher ist die Toleranz grundsätzlich im Unternehmen höher, dass ich von unterwegs arbeiten kann. Es spielt also keine Rolle, ob ich wie in dem Fall im Vorbereitungstrainingslager auf Fuerteventura bin oder im Büro sitze.


Könnten Sie allein vom Triathlon leben?


Hufe: Das habe ich ehrlich gesagt noch nicht mit meinem Steuerberater durchgerechnet. Ganz im Ernst, wenn ich nicht arbeiten, sondern nur Triathlon machen würde, hätte ich mehr Druck. Ich müsste mir dann eventuell schon überlegen, ob ich mir am Nachmittag die Tasse Capuccino leisten kann oder ob ich mir von dem Geld besser einen Müsli-Riegel kaufe. In diesem Sport ist es gerade als Frau kaum oder nur schwer möglich, Geld zu verdienen, wenn man nicht zur absoluten Weltklasse gehört. Viele Athleten sind daher von ihren Eltern oder ihren Partnern abhängig. Mich entspannt es sehr, einen Teilzeit-Job zu haben, den ich zudem auch noch sehr gerne mache.


Würden Sie das Modell auch anderen Sportlern empfehlen?


Mareen Hufe beim Ironman in Zrich


Hufe: Ja, absolut. Vorausgesetzt, dass man als Sportler nicht im großen medialen Trubel steht. Für Tennisspielerinnen, die zusätzlich viel mit Pressearbeit und Sponsorenterminen zu tun haben, kann ich es mir zum Beispiel nicht vorstellen.

 

Was ist das sportliche Ziel für ihre achte Teilnahme beim Ironman auf Hawaii?


Hufe: Mein Ziel ist es, mein bestes Rennen zu zeigen, welches ich je auf Hawaii abgeliefert habe. 2017 wurde ich Elfte und bin ganz, ganz knapp an den Top 10 vorbei geschrammt. Wenn es dieses Jahr klappen würde, wäre es ein Traum, der in Erfüllung geht. 


Wie steht es um ihre Zukunft und inwiefern ist dies mit dem Abschneiden am Wochenende beim Ironman verbunden?


Hufe: Ganz unabhängig vom Wochenende plane ich, noch mindestens zwei Jahre weiter als Profi zu starten. Kürzlich habe ich mich mit meinen Chef abgestimmt, dass wir meine Arbeitszeitverkürzung noch einmal bis Ende 2020 verlängern. Dies machen wir seit 2012 jeweils im Zwei-Jahres-Rhythmus so.

  

Das Interview führte Mathias Liebing