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Tränen statt Träumen

Von Marvin Lauser

SAULHEIM - Weinend lagen sich Alexandra Wester (ASV Köln) und Sosthene Taroum Moguenara (TV Wattenscheid) gestern Vormittag im Berliner Olympiastadion in den Armen. Inmitten des riesigen, sonnen-gefluteten Runds trösteten sich die beiden befreundeten Weitspringerinnen gegenseitig. Kurz zuvor waren beide überraschend bereits in der Qualifikation für das Finale der Leichtathletik-Europameisterschaften gescheitert.

Gerade für Fans der Saulheimerin Alexandra Wester, die früher für den USC Mainz startete, ein eher ungewohntes Bild. Die 24-jährige Sportstudentin ist den Leichtathletik-Zuschauern als immer gut gelaunte, stets lächelnde und top-fokussierte Athletin bekannt. Meist geben ihre Leistungen auch Anlass zur Freude. Nicht so auf der blauen Bahn des Olympiastadions. Wester, die ihre Disziplin mal mit einem Puzzle, das aus vielen verschiedenen Komponenten besteht, verglichen hat, fehlte beim Saisonhöhepunkt in Berlin das entscheidende Teil. Ein paar Stunden nach dem Wettkampf sagte die 1,80 Meter große Athletin gegenüber der AZ: „Es war vor allem Pech. Ich hatte es locker drauf, aber es sollte nicht sein“.

Die Wahl-Kölnerin war mit einem ungültigen Versuch in den Wettkampf gestartet, bei nur drei möglichen Qualifikations-Sprüngen stets eine zusätzliche mentale Belastung. „Aber das bin ich gewohnt, das belastet mich nicht“, wiegelte Wester ab. Im zweiten Anlauf leuchteten 6,55 Meter auf der Anzeige auf, die zwischenzeitliche Führung in Qualifikationsgruppe eins. Wester quittierte ihre Weite mit einem Lächeln, ehe sie mit Bundestrainer Ulrich Knapp das weitere Vorgehen besprach. Einen Fuß zurück solle sie gehen, aber ansonsten alles so belassen wie bisher; das war auch über die Fernsehmikrophone zu hören. Wester betonte: „Der Coach und ich – wir waren uns sicher, dass die Weite (6,55 m, Anm.) zum Weiterkommen reicht, daher wollte ich im letzten Versuch nochmal volles Risiko gehen und einen raushauen.“

Für den sicheren Finaleinzug waren vom europäischen Leichtathletikverband 6,67 Meter gefordert. Um auf Nummer sicher zu gehen, hätte Wester sich also im dritten und letzten Qualifikationsversuch steigern müssen, um definitiv im Finale am Samstagabend mit dabei zu sein. Dies gelang ihr jedoch nicht. Die ASV-Athletin hatte erneut deutlich übertreten. „Bei der Zwischenmarkierung hatte noch alles gepasst, ich habe mein Sprungbein dann zu lang gezogen“, bilanziert Wester.

Vielleicht fehlt ihr noch ein wenig die Erfahrung auf der ganz großen Bühne. Die Britin Shara Proctor beispielsweise, lange Jahre Westers Vorbild, konnte sich in ihrem letzten Versuch von 6,49 auf 6,75 Meter steigern. Nun hieß es für Wester und Moguenara, die ebenfalls nur einen gültigen Versuch über 6,54 Meter in die Grube gebracht hatte, zittern, ob es für einen Platz unter den besten zwölf Athletinnen reicht. Mit Platz 15 (Wester) und Platz 17 (Moguenara) schieden die beiden Deutschen, die sich mehr erhofft hatten, letztlich aus. „Es hat einfach nicht gereicht heute. Es gibt manchmal so Tage, an denen es einfach nicht reicht. In den letzten Einheiten mit Sosi (Sosthene Moguenara, Anm. d. Red.) haben wir gemerkt, dass wir richtig stark drauf sind, aber manchmal hat man einfach Pech“, sagte Wester unmittelbar nach ihrem Wettkampf im ZDF.

Einzig die Heidelbergerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) flog mit 6,71 Metern aus deutscher Sicht souverän durch die Qualifikation und springt am Samstagabend ab 20.05 Uhr (ZDF und Eurosport) um den Europameistertitel. Dann werden Wester und Moguenara auf der Tribüne mitfiebern. „Wir feuern die anderen noch bis Sonntagabend an“, kündigte Wester an.


http://www.allgemeine-zeitung.de/sport/weitere-sportarten/alzey/bei-alexandra-wester-rinnen-nach-em-...