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Interview

Neuer und Ronaldo gegen Messi und Neymar

Zwei Mainzer Hobbykicker träumen von einem Turnier, bei dem Kontinentalteams statt Nationalmannschaften gegeneinander spielen

Mainz. Continental Football Cup (CFC) heißt die Vision der beiden Mainzer Ben Mayer und Christoph Czauderna. Der Gastronom Mayer und der Jura-Doktorand Czauderna sind leidenschaftliche Fußballfans, spielen hobbymäßig mit Freunden und wollen nun den Internationalen Fußball revolutionieren und eine Weltmeisterschaft der Kontinente initiieren. Wie dies geschehen soll, verraten sie im Gespräch.


Herr Mayer, Herr Czauderna, worin liegt die Faszination des CFC?

Mayer: Die Idee eines internationalen Turniers fasziniert uns. Wenn etwas die Möglichkeit hat die Menschen zu verbinden, dann ist das Fußball. Wir stellen uns den CFC quasi als „Sommermärchen der Völkerverständigung“ vor.


Fußball als Mittel zur Völkerverständigung und Weg zum friedlichen Zusammenleben?

Czauderna: Genau. Fußball bewegt die Menschen. Das sind Emotionen, die Politik, Wirtschaft, etc. selten auslösen können. Überlegen wir nur mal, welche Auswirkungen „die schönste Nebensache der Welt“ allein in Deutschland hatte: 1954, 1990 und gerade 2006. Warum sollte diese identitätsstiftende Wirkung vor nationalen Grenzen halt machen? Was für ein schönes Bild wäre es, wenn Europa beispielsweise durch Karim Benzema in Führung gehen würde und sich Franzosen, Deutsche, Holländer und Briten in den Armen lägen? Das hätte doch einen gewissen Charme.
Mayer: Niemand bliebe außen vor, es gibt keine Qualifikation. Weltklassespieler kleiner nationaler Verbände wie Gareth Bale aus Wales oder Menschen aus den entlegensten Ländern können teilhaben an dem ultimativen Fußball-Fest des Planeten. Was gibt es Größeres als alle sechs Kontinente der Erde gemeinsam bei einem Fußballturnier? Was käme als Nächstes? Nur Erde gegen Mars wäre noch größer (lacht).


In letzter Zeit wird viel über Mehrfachbelastung im Fußball diskutiert. Auch beim CFC werden wahrscheinlich genau die Topspieler nominiert werden, die als Leistungsträger in Klub und Nationalmannschaft am meisten spielen. Wie wollen sie Verbände, Spieler und Klubs überzeugen?


Czauderna: Der größte Unterschied zu anderen Turnieren ist sicherlich, dass keine Qualifikation gespielt werden muss. Außerdem wird ein Spieler wahrscheinlich nur ein Mal im Leben die Chance haben, für seinen Kontinent zu spielen. Es ginge also maximal um vier weitere Spiele seiner Karriere. Die Aussicht auf den Titel und die Ehre, sich Kontinentalspieler nennen zu dürfen, wäre da sicherlich motivierender als die Angst vor einer möglichen Verletzung. 
Mayer: Außerdem könnte der CFC ja auch andere Turniere ersetzen, die unserer Meinung nach eine geringere Relevanz hätten, als eine Kontinentalweltmeisterschaft. Beispielsweise der Confederations Cup oder die Klub-WM.


Hatten sie schon Kontakt zur Fifa?

Mayer: Nein, wir hatten noch keinen Kontakt. Dafür ist es noch zu früh. Das Turnier soll „von unten“ an die Verbände herangetragen werden. Wir wollen weltweit Fußballfans von der Idee begeistern und diese animieren, sich interaktiv in die genauere Ausgestaltung des Turniers einzubringen. Wir haben auf unserer Homepage ganz bewusst nur grobe Richtlinien vorgestellt. Turniere, in denen den Fans schon alles vorgegeben wird, gibt es schon genug. 
Czauderna: Genau. Wir wollen ein Turnier „von Fans für Fans“.


In den sozialen Netzwerken kann jeder Interessierte ihr Projekt unterstützen, die Homepage ist in sechs Sprachen verfügbar. Wie ist das bisherige Feedback?

Mayer: Wir haben bislang durchweg ein positives Feedback erhalten, aber auch relativ schnell gemerkt, dass es nicht so einfach ist, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir sind keine Experten, weder für Marketing noch Social Media. Deshalb sind wir sind auf Hilfe von außen angewiesen. Alles, was wir haben, ist eine Idee. 
Czauderna: Vor allem bräuchten wir prominente Unterstützer für die Idee. Personen, die mehr Menschen erreichen.


Gibt es denn schon prominente Unterstützer?

Czauderna: Nicht wirklich. Carlos Zambrano (Innenverteidiger von Eintracht Frankfurt, die Red.) scheint die Idee zu gefallen… Er hat uns auf Twitter geteilt, weil wir ihn in unseren Vorschlag zur Südamerika-Auswahl aufgestellt haben. Dadurch haben wir viel Feedback aus Peru, seinem Heimatland, erhalten. Das zeigt ja, dass prominente Unterstützung helfen könnte.


Haben Sie noch andere Aktionen oder Kampagnen geplant, wie man mehr Menschen von der Idee überzeugen könnte?

Mayer: Es gibt da noch die Idee, ein Fan-Botschafter-Treffen zu veranstalten. Wir wollen einfach mehr Leute für eine aktive Beteiligung an dem Projekt gewinnen. 
Czauderna: Bisher sind wir hauptsächlich in Deutschland vertreten, nun gilt es den nächsten Schritt zu tun und global in den Blickpunkt zu geraten. Das schafft man am besten über andere Personen, die vor Ort sind, sich dort an die Medien richten oder anderweitig für die Idee Stimmung machen.


Zurück zum Turnier: Wie stellen Sie sich die Nominierungen vor – klassisch über einen Kontinentaltrainer oder nach Vorbild vieler All-Star Games über eine Fan-Abstimmung?

Czauderna: Wir haben uns eine Nominierung über die Trainer vorgestellt, sind jedoch flexibel. Wie gesagt es ist (fast) alles denkbar und wir beanspruchen da keine Alleingestaltungsmacht.
Mayer: Die Fan-Nominierungen wurden über die sozialen Medien schon an uns herangetragen. Sicher ist beides reizvoll, auf der einen Seite Legenden des Fußballs, die sich das beste Team ihres Kontinents zusammenstellen, auf der anderen Seite ein demokratischer Prozess aller Fußballfans weltweit.


Und nun zum Sportlichen: Wie wollen Sie faire Voraussetzungen und spannende Spiele erzeugen? Es ist doch anzunehmen, dass Europa, Südamerika und Afrika den Titel unter sich ausmachen.

Czauderna: Das wird oft kritisiert. Aber ich behaupte jetzt einfach mal, dass der CFC – ähnlich wie der DFB-Pokal – seine eigenen Gesetze haben wird. Es gibt keine lange Vorbereitungszeit für die Spieler. Die Teams sind nicht eingespielt und Fußball ist nun mal ein Mannschaftssport. Es käme entscheidend darauf an, welcher Kontinent es schafft, in kürzester Zeit Spieler verschiedenster Nationen zu einem verschworenen Team zu machen. 
Mayer: Zudem haben kleinere Verbände wie Ozeanien die Chance, dem CFC ein größeres Gewicht beizumessen, sich deshalb intensiver darauf vorzubereiten und dann vielleicht für eine Überraschung im Turnierverlauf zu sorgen. Die Welt wächst auf fußballerischen Niveau immer weiter zusammen. Der hoch motivierte Underdog kann an einem guten Tag auch mal den großen Favoriten schlagen. 
Czauderna: Zudem wird es nationale Kontingente geben, die sich an der vermeintlichen Stärke der Kontinente orientieren könnten. Europa dürfte dann beispielsweise nur einen Spieler pro Nation nominieren, Südamerika zwei, Afrika drei, usw.


Im Zuge der WM in Katar gab es große Probleme, einen geeigneten Termin zu finden unter dem die Ligen und die Fans nicht zu leiden haben. Wann soll der CFC ausgetragen werden?

Mayer: Ein Jahr nach der WM ist Cup-Zeit. Das Turnier würde uns also die kommende Sommerpause versüßen.


Worin sehen sie die größte Chance des CFC?

Czauderna: Auf den Gedanken der Völkerverständigung sind wir bereits eingegangen. Ironischerweise hält der CFC die größten Chancen für die Institution bereit, die wir von unserer Idee überzeugen wollen: Die FIFA müsste keine neuen Strukturen schaffen, die Kontinentalverbände existieren bereits. Gleichzeitig könnte sie über die Vermarktung eines solchen Turniers neue Fernsehgelder, Zuschauer- und Merchandisingeinahmen generieren. Bei der Partie Südamerika gegen Europa würden schließlich annähernd eine Milliarde Menschen zusehen. Da gäbe es eine ganze Menge Geld zu verteilen.
Mayer: Vor allem könnte die FIFA sich mit einem neuen Turnier auch neu erfinden und dem oft proklamierten Neuanfang Taten folgen lassen. Russland und Katar werden kommen und die berechtigte Kritik an vielen getroffenen Entscheidungen wird nicht aufhören. Da könnte ein neues Turnier – ausgestaltet als Gegenentwurf zu der aktuellen Politik – einen medialen Befreiungsschlag bewirken und das ramponierte Image der FIFA aufpolieren. 
Czauderna: Wenn ich als FIFA-Präsidentschaftskandidat Sepp Blatter in der anstehenden Wahl herausfordern würde, dann wär der CFC eigentlich ein perfekter Aufhänger um die verkrusteten Machtstrukturen dieser Institution gehörig zu erschüttern. Das müsste man Figo oder Prinz Ali (Gegenkandidaten Blatters bei der kommenden Präsidentschaftswahl, die Red.) eigentlich mal sagen (lacht).


Und was ist ihrer Meinung nach die größte Hürde?

Czauderna: Wir machen Werbung für ein Gefühl, das es noch gar nicht gibt. Eine kontinentale Identität ist noch nicht vorhanden. Der Einzelne definiert sich im Fußball weitestgehend über seinen Verein und daneben über seine Nation. Es gehört schon noch etwas Vorstellungskraft dazu, sich einen Brasilianer vorzustellen, der einem Freistoß von Messi freudig entgegenblickt. 
Mayer: Daneben sind es sicher die fehlenden Verbindungen zu prominenten Personen aus dem Fußballgeschäft, ohne die es schwer wird, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. 


Geht es Ihnen um die Idee eines Kontinentalturniers oder wäre eine kleine Lösung wie zum Beispiel ein Bundesliga- oder Champions-League-All-Star-Game auch ein Anfang?

Czauderna: Die Idee soll die große Lösung auf Kontinentalebene werden. Für den Anfang würden wir aber kleiner beginnen. Wir denken an ein Amateurfußballturnier in Deutschland, beispielsweise in Rheinhessen, bei dem Menschen von allen sechs Kontinenten sich mit einem Team melden können, um den CFC real mit Leben zu füllen.
Mayer: Wer weiß, vielleicht findet sich ja jemand, der Lust hat, dieses Turnier mit uns zu organisieren.


Das Interview führte Marvin Lauser.

Weitere Infos
- Ben Mayer und Christoph Czauderna kamen beim Champions League schauen auf die Idee, ein Team aus Europas besten Kickern zusammenzustellen.
- Stein des Anstoßes war der begnadete Kicker David Alaba, der aufgrund seines österreichischen Passes eher selten international glänzen darf. Daraus entstand die Idee des Continental Football Cup (CFC).
- Ein paar organisatorische Eckpunkte haben die beiden schon festgelegt: In insgesamt neun Partien sollen die sechs Fifa-Kontinentalverbände Afrika, Asien, Europa, Mittel- und Nordamerika, Ozeanien und Südamerika gegeneinander antreten. Nach einer Gruppenphase (2 Gruppen a drei Teams) geht es direkt ins Halbfinale, beide Sieger gehen danach ins Duell um den Titel.

Weitere Informationen hier.