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"Baby ist eine Kämpferin"

Von Martin Nejezchleba


Seit Dezember reden die Jankowskis wieder über den Tod. 17 Jahre umsorgen Manuela und Andreas jetzt ihre Tochter Chantal. Sie haben sich daran gewöhnt. An die Röhrchen und Schläuche, durch die Nahrung in Chantals Körper gelangt und an jene, durch die Flüssigkeit aus ihrem Kopf in den Bauch abgeführt wird. Sie haben sich daran gewöhnt, dass Chantal nicht läuft, nicht spricht, nicht sieht. Auch daran, dass eine Lungenentzündung lebensgefährlich für ihre Tochter werden kann. Aber es gibt Gedanken, die verdrängt man lieber.


Alles dreht sich um Chantal. Wenn Manuela und Andreas von sich selbst sprechen, sagen sie Mami und Papi, die 17-Jährige nennen sie Baby. Die Jankowskis sind lebensfrohe Menschen.


Ende des Jahres hatte sich Babys Zustand verschlechtert. Schlafstörungen. Oft war sie zu müde zum Atmen. Eine Atemmaske half. Dann, es war gegen 21 Uhr in einer frostigen Nacht im Dezember, wurde Chantals Atmung flach, hin und wieder schnappte sie nach Luft, röchelte. Schließlich hörten ihre Lungen auf zu arbeiten. Eine Stunde lang belebten die Notärzte sie in ihrem Kinderzimmer in Spandau-Haselhorst wieder, spritzten ihr Adrena­lin, fuhren sie mit Blaulicht durch die Nacht. Drei Tage wussten die Ärzte nicht, ob Chantal überlebt. "Baby ist eine Kämpferin", sagt Manuela Jankowski.


Jetzt sind sie an einem Ort, an dem das Sterben Teil des Lebens ist. Vor einem Monat ist Familie Jankowski nach Pankow gezogen, in ein Haus mit einem Teich im Garten und bunt bemalten Steinen darum, ein Haus, in dem der Tod ein eigenes Zimmer hat. Er ist im Erdgeschoss und heißt Abschiedsraum. Die Jankowskis wohnen im Kinderhospiz Sonnenhof.


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