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Modern Monetary Theory: Ökonomen träumen von ewiger Vollbeschäftigung

Wie funktioniert Geld? Diese Frage spaltet gerade Top-Ökonomen weltweit. Auslöser ist die Diskussion um die sogenannte Modern Monetary Theory (MMT). Sie könnte Wirtschaft für immer verändern.


Vor 25 Jahren hatte der konservative Republikaner Waren Mossler die MMT entwickelt. Bitte nicht wundern, dass Sie noch nichts von ihr gehört haben. Die Theorie war bis vor kurzem nur den wenigsten bekannt.


Das hat sich geändert, seit die demokratischen Hoffnungsträger Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez die Theorie in die Öffentlichkeit brachten, um die Finanzierung ihrer Reformpläne zu erklären.


So sagte Ocasio-Cortez zu „ Business Insider ", die MMT sollte „ein größerer Teil der Diskussion sein". Gestützt werden die beiden von mehreren Ökonomen, unter anderem Peter Bofinger, der bis vor kurzem noch Wirtschaftsweiser in Deutschland war.


Was ist die Modern Monetary Theory?

Die MMT ist zu Anfang nicht mehr als ein Instrument, mit dem man die Entstehung von Geld analysieren kann. Das Fundament der Theorie ist, dass der Staat alle Ausgaben begleicht, indem er Geld über seine Notenbank schafft. Die Menge des Geldes ist von der potenziellen Wirtschaftskraft des Landes abhängig. Steuern wiederum würden nur dazu dienen, eine Inflation zu verhindern, indem der Staat das Geld wieder einsammelt und umverteilt.


Die Annahme der MMT ist nun: Seit US-Präsident Richard Nixon 1971 den Dollar vom Goldstandard entkoppelte, könnte die Notenbank der USA, die Fed, fast unbegrenzt Geld schaffen. Das geschieht in einer digitalen Welt in Sekundenbruchteilen. Ein Konto ist schnell erstellt. Die Notenbanken stellen dann den Banken Geld zur Verfügung, das sich der Staat wiederum von den Banken leiht.


Darum könnten Schulden für Demokraten bald egal sein

Geld - und so auch Schulden - würde so zu einem Buchungsmechanismus zwischen Notenbank und Staat verkommen, argumentiert der linke US-Ökonom Richard D. Wolff. Die normalen Banken wären nur noch Mittelsmänner, die die direkte Staatsfinanzierung der Notenbank verschleierten. Der Staat könnte sich schon jetzt eigentlich nur bei der eigenen Notenbank verschulden.


Das würde, laut Wolff, Staatsschulden zu einer unwichtigen Zahl auf einem Konto machen, welche die echte Wirtschafts - und Schaffenskraft eines Landes nicht belasten könnte. Einfach ausgedrückt: Länder, die sich Geld in ihrer eigenen Währung leihen würden, könnten also nicht mehr pleite gehen, solange die Wirtschaft brummt.


Vielmehr könnte die Notenbank dem Staat einfach so viel Geld zur Verfügung stellen, bis im Land Vollbeschäftigung - die oben genannte potenzielle Wirtschaftskraft - erreicht werde.

Wenn irgendwann zu viel Geld im Umlauf sei, könnte es der Staat über Steuern einfach wieder aus dem Kreislauf nehmen, ohne dass eine Inflation entstehe. Die Schnelligkeit der heutigen Technologie mache diese Art zu Verwalten ohne weiteres möglich.


„Damit könnten wir das Auf und Ab des Kapitalismus viel besser managen, als wir bisher dachten", sagt Wolff. Das Argument von Konservativen, Geld nicht zum Erreichen und Sichern von Vollbeschäftigung zu verwenden, sei damit obsolet.


Beinahe alle Top-Ökonomen kritisieren die MMT

Diese Theorie klingt eigentlich zu gut und zu einfach, um wahr zu sein. Und das ist sie auch, kritisieren viele. Das zeigt zum Beispiel eine Umfrage „ University of Chicago Booth School of Business " unter 42 US-amerikanischen Top-Ökonomen. Kein einziger der Befragten stimmte mit der Basis-Annahme der MMT überein, dass sich Länder keine Sorgen über Schulden machen müssen, wenn sie sich Geld in ihrer eigenen Währung leihen können.


Die Experten haben prominenten Beistand. BlackRock-CEO Larry Fink wetterte kürzlich auf „ Bloomberg ": „Das ist Müll. Ich glaube fest daran, dass die höheren Defizite die Zinssätze auf ein Level heben könnten, das nicht mehr nachhaltig ist." US-Notenbankchef Jerome Powell betonte während einer Rede vor dem US-Senat außerdem, es sei nicht Aufgabe der Fed, politische Linien zu unterstützen.


EU-Geldpolitik würde unendliche Schulden nicht möglich machen

Ein weiteres Gegenargument: Die Schlüsse aus der Theorie lassen sich nicht beliebig auf andere Länder übertragen. Das liegt daran, dass nicht alle Länder eine unabhängige Währung haben. So ist die Europäische Zentralbank zum Beispiel für 19 Länder zuständig, die alle unterschiedliche Finanzpolitik betreiben.


Für MMT-Verfechter gibt es trotzdem einen Lichtblick. Die japanische Notenbank kauft seit 2018 japanische Staatsanleihen. Zinsen und Inflation sind bisher trotzdem niedrig geblieben, was Fink widerspricht. Es kann also klappen. Die Demokraten werden die Entwicklung jedenfalls im Auge behalten. Noch weiß ja niemand, wer der nächste Präsident wird. 

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