1 subscription and 0 subscribers
Article

Hahn der Stadtmusikanten gestohlen - schon wieder

Auf einem Rohr des Sieben-Faulen-Brunnens thronen die Bremer Stadtmusikanten. Der Hahn ist wesentlich einfacher zu stehlen als seine Gefährten - denn er steht nur auf einem Sockel.

Der Hahn ist weg. Schon wieder. Zum siebten Mal wurde die kleine Bronzestatue im Handwerkerhof der Böttcherstraße bereits gestohlen. Zusammen mit Esel, Hund und Katze bewacht er den Sieben-Faulen-Brunnen vor der Bonbon-Manufaktur. Am Freitag wurde der Diebstahl entdeckt: Nur noch der Stumpf seiner Beine ist am Brunnen zu sehen. Die Bronze-Tiere sind nur noch zu dritt.

„Das gibt es ja wohl nicht", schimpft Helga Brüning. Die 70-Jährige aus Weyhe steht vor dem Brunnen und traut ihren Augen nicht. „Das ist schon eine kleine Sauerei. Das passiert dem Hahn wohl immer wieder."

Das erste Mal klauten ihn Unbekannte 1957; zuletzt verschwand er 2016. Der Hahn schafft es 2014 vermutlich bis nach Cloppenburg, wurde aber überraschend per Post zurückgeschickt. Seit 1927 sind die Stadtmusikanten auf dem Rohr des Brunnens in der Böttcherstraße verewigt.

Ob es Touristen sind, die den Hahn als Souvenir mitnehmen, oder Einheimische, die keinen Respekt vor den Denkmälern ihrer Stadt haben? Die Hintergründe der Taten sind unklar. Helga Brüning vermutet, dass es sich beim Diebstahl um eine Mutprobe handeln könnte. Sie könne sich aber auch vorstellen, dass es immer der gleiche Täter sei.

Der Hahn ist weg, der Hahn ist weg ...

Laura Kreser hat eine andere Vermutung: "Derjenige hat sich bestimmt gedacht, dass der Hahn ein schönes Mitbringsel aus Bremen ist. So etwas hat ja sonst keiner." Die 23-Jährige ist mit einer Freundin zum Brunnen gekommen, die sie an diesem Wochenende besucht. Kreser lebt seit August 2017 in der Hansestadt. Sie lässt sich an der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie zum Fachwirt weiterbilden. Dass der Hahn schon häufiger entwendet wurde, ist ihr bekannt. Im August habe sie eine Stadtführung mitgemacht. Der Hahn war Thema. Nachvollziehen könne sie den Klau nicht. "Es ist irgendwo Kultur, die verschwindet. Wer so etwas macht, ist mir völlig unverständlich."

Jana Müller, Zuckerbäckerin in der Bonbon-Manufaktur, ist zunächst nicht aufgefallen, dass der Hahn fehlt. Sie hat es von ihrer Chefin erfahren. Müller schaut zu ihrer Kollegin Annika Allerheiligen. "Wir sind es ja schon gewohnt hier, dass der Hahn nicht mehr da ist", bedauert Müller. Die 35-Jährige kann sich Laura Kreser nur anschließen, wenn es um das Motiv der Tat geht. Auch Müller glaubt, dass es sich beim Hahn um ein ganz besonderes Souvenir handelt. Das könnte den Täter dazu animiert haben, den Hahn zu entwenden. Ihre Kollegin Annika Allerheiligen sieht einen Trend, die Figur zu klauen. "Den bekommt man ja relativ leicht ab. Er steht schließlich nicht wie die anderen auf allen Vieren."

Allerheiligen habe wenig Hoffnung, dass die Tat aufgeklärt werde. Das zeige die Vergangenheit. Dabei sollte der Hof eigentlich videoüberwacht werden. So steht es zumindest auf einem Hinweisschild. "Das ist aber nur Deko", klagt die 32-Jährige. "Wir dachten auch ganz lange daran, dass hier die Kameras laufen. Das erste Mal, als der Hahn geklaut wurde, waren wir uns ganz sicher, dass man sich einfach das Band anschauen und den Dieb identifizieren kann. Das Band aber gab es nie."

(Der Text wurde um 18.20 Uhr aktualisiert.) Der Stadtmusikanten-Esel hat wieder eine heile Nase
Original