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Column

Von wegen 'Ladys first'

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“Ladies first please”, also “Erst die Damen“ diesen Satz höre ich immer wieder, wenn es um eine Begrüßung in einer gemischten Runde geht. Stimmt das wirklich? Und ist es höflich, andere mit dieser Aussage zu maßregeln? Lassen Sie uns gemeinsam diesen Mythos auf den Prüfstand stellen.


EIN BISSCHEN GESCHICHTE MUSS SEIN

Bevor ich Ihnen mit der Etikette komme, hier eine mindestens ebenso plausible Erklärung:


Angeblich soll früher an den Rettungsbooten der Passagierschiffe ein Schild mit dem Hinweis “Ladies and Children first!” angebracht gewesen sein. Diese Formulierung setzte sich dann auch im Alltag durch.


So wäre mindestens die Frage der Formulierung geklärt. Allerdings wurden Damen schon vor der Erfindung der Passagier-Schifffahrt besonders hofiert. Sie galten als das ‚schwache Geschlecht‘, das besondere Unterstützung brauchte. Wenn man sich die Kleidung in früheren Zeiten anschaut, stimmt das sicher auch: Eine Frau im langen Reifrock brauchte einfach Hilfe, um in eine Kutsche einzusteigen.

Heute sieht nicht nur die Kleidung der Frauen anders aus. Wir treffen eigene Entscheidungen, machen Karriere und verdienen unser eigenes Geld – und erwarten einen geschlechtsunabhängigen, respektvollen und höflichen Umgang. Wir wissen aber die Fähigkeiten eines Gentlemans durchaus zu schätzen.


DIE SACHE MIT DEN RANGFOLGEN

Im wertschätzenden Umgang miteinander spielen sie eine große Rolle. Es ist höflich, dem Alter Respekt zu zollen und im Berufsleben sind der Kunde und der Chef wichtiger als die Kollegin, auch wenn sie schon zwanzig Jahre im Unternehmen ist und promoviert hat.

Im Klartext heißt das: Im Job fällt ‚Ladys first‘ meistens aus. Hier spielt die Position die Hauptrolle.

Ein Dienstleister begrüßt also erst seinen Kunden und anschließend die Mitarbeiterin, die ihn begleitet.


IM PRIVATLEBEN UNTERWEGS

Wer nun glaubt, im Privatleben zählt jetzt aber endlich immer die Dame, der irrt.

Wenn Sie einem Freund in weiblicher Begleitung auf einer Veranstaltung begegnen und Sie kennen die Dame nicht, fällt ‚Ladys first‘ schon wieder aus. Hier gilt die Regel: „Man begrüßt denjenigen, den man kennt und wird anschließend (hoffentlich) der Dame vorgestellt.

Auch ein Restaurant (jedenfalls im deutschsprachigen Raum) betritt der Herr zuerst – und Ladys first fällt schon wieder aus.

An der Garderobe scheiden sich dann die Geister. Diejenigen, die sehr traditionell unterwegs sind, sind der Meinung, dass ein Herr einer Dame immer in den Mantel hilft. Ich rate dazu, lieber erst zu fragen, ob die Hilfe auch gewünscht ist.


IM JOB TICKEN DIE UHREN ANDERS

Im Berufsleben steht die Position im Vordergrund, eigentlich ganz klar. Trotzdem gibt es hier immer wieder Unsicherheiten: Wer wird zuerst begrüßt?   Die Abteilungsleiterin etwa 35 Jahre alt oder ihr Abteilungsleiterkollege (ca. 60 Jahre)? Klare Antwort: Er. Die Dame wird nur dann bevorzugt behandelt, wenn zwei Personen den gleichen Rang haben und ungefähr im gleichen Alter sind.


Im Job öffnen Frauen heute ihren Vorgesetzten ganz selbstverständlich die Tür, lassen ihnen den Vortritt in den Aufzug und gehen hinter ihnen die Treppe hinauf.

Natürlich dürfen die Herren aber auch im Beruf ihre Gentleman-Fähigkeiten ausleben.

Egal, auf welchem Parkett Sie sich bewegen, es ist immer unhöflich andere auf ihre Fehler hinzuweisen. Schließlich haben Sie keinen Erziehungsauftrag.

Eine ausgestreckte Hand in der Luft hängen zu lassen und mit strafendem Blick ‚Ladys first‘ zu sagen ist schlechter Stil, und oft schlichtweg falsch.