Jahrelang galten Magic Mushrooms als Hippie-Droge. Ihr Wirkstoff Psilocybin wurde von der Wissenschaft nicht ernstgenommen. Das hat sich geändert. In Mannheim und Berlin wird geforscht, ob das Halluzinogen bei Depressionen hilft. Es wäre eine Revolution - für Patienten, wie für den heiß umkämpften Medikamentenmarkt.
Von: Marlene Halser
Stand: 09.04.2021
322 Millionen Menschen sind weltweit an Depressionen erkrankt. Das sind 4,4 Prozent der Weltbevölkerung. Diese erschreckend hohe Zahl stammt aus einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO aus dem Jahr 2015. Diese Studie zeigt auch: Die Zahl der Depressionserkrankungen steigen seit Jahren an. Um wie viel sie während der Pandemie angewachsen sind, lässt sich bislang nur erahnen, weil es dazu noch keine Zahlen gibt. Was es ebenfalls nicht gibt, sind Therapien, die allen Depressionskranken helfen. Rund ein Drittel aller Menschen, bei denen eine depressive Störung ermittelt wird, gilt als behandlungsresistent. Sie sprechen also weder auf Gesprächs- oder andere Therapien, noch auch die medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva an.
LSD und Psilocybin
Genau in diese Lücke stößt nun ein wiederentdecktes Forschungsfeld mit seit den 1970er Jahren als illegal klassifizierten Substanzen, das seit geraumer Zeit eine Art Renaissance erlebt: Die Forschung mit Psychedelika wie LSD und Psilocybin, also der psychoaktiven Substanz in sogenannten Magic Mushrooms. Erste Studienergebnisse legen nahe, dass sie das Potenzial haben könnten, bei psychische Erkrankungen wie Depressionen, aber auch Zwangsstörungen, Angststörungen, Substanzgebrauchsstörungen oder auch PTSD Verbesserungen zu erzielen. Psilocybin ist dabei unter Forschenden besonders beliebt, weil es kürzer wirkt als LSD und damit im Klinikalltag deutlich besser zu handeln ist.
Ein riesiger Markt
Nach Jahrzehnten der Prohibition wird nun auch in Deutschland wieder mit Psilocybin geforscht. Wissenschaftler*innen in Berlin und Mannheim untersuchen die Wirkung von Psilocybin auf Patient*innen mit behandlungsresistenter Depression. Die Hoffnungen, hier womöglich ein wirksames Mittel gegen Depressionen zu finden, sind sowohl bei Forschenden als auch bei Unternehmer*innen groß. Denn wenn sich wirklich nachweisen lässt, dass Psilocybin Linderung oder sogar Heilung verspricht, entstünde hier nicht nur ein riesiger Markt für ein neues Medikament, sondern gleich eine neue Therapie, für die wiederum speziell ausgebildete Therapeut*innen ebenso wie möglicherweise spezielle Kliniken oder Zentren nötig sind.
Kritik: Indigene werden ausgeschlossen
An dieser "Medikamentierung" und auch an der Vermarktung von Magic Musgrooms gibt es aber auch Kritik. Sie stammt aus einer wachsenden psychedelischen Graswurzelbewegung, die sich vor allem in den USA für die Entkriminalisierung dieser "Heilpflanzen" einsetzt - unter anderem deshalb, weil sie verhindern will, dass Indigene, zu deren Tradition die Arbeit mit Magic Mushrooms seit Jahrhunderten gehört, am Ende von diesen neuen Entwicklungen ausgeschlossen sind.
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