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Harald Popp: „Wir bringen das Telefonieren ins 21. Jahrhundert" | MedienNetzwerk Bayern

Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen wird noch immer mit mp3 verbunden, das ihnen weltweiten Erfolg brachte. Woran die Entwickler derzeit arbeiten, erklärt Harald Popp, Leiter der „Audio & Multimedia Business"-Abteilung. Herr Popp, auf dem Mobile World Congress in Barcelona hat Ihr Institut eine neue Technologie für Smartphones vorgestellt. Was erwartet uns?

Harald Popp: Telefonieren ist schlechter geworden, das Internet besser. Mobilfunk hat heute eine schlechtere Qualität als das Telefon früher. Hier gibt es dringenden Nachholbedarf. Wir arbeiten schon lange daran, dass beim Telefonieren eine Qualität erreicht wird, als wäre man im selben Raum. Alle professionellen Videokonferenzsysteme nutzen die neueste Audiocodierung AAC-ELD. Dies fehlt noch im Mobilfunkbereich.

Was haben Sie hier entwickelt?

Popp: Wir arbeiten gerade mit großen Unternehmen aus Asien, Europa und den USA an einem neuen Standard: dem Enhanced Voice Service (EVS) Codec. Die Entwicklung wird im Herbst 2014 abgeschlossen sein. EVS bietet dann eine hervorragende Tonqualität beim Telefonieren. Hier setzen wir zusammen mit anderen einen neuen Meilenstein im Telefonbereich. Das wird das Telefonieren ins 21. Jahrhundert bringen. Wir sind endlich dort angelangt, wo wir schon lange hinkommen wollten.

Wie funktioniert dies technisch?

Popp: Durch das entwickelte Codierverfahren ist es möglich, unglaublich viel Datenrate zu sparen bei gleichzeitig nicht wahrnehmbarer zeitlicher Verzögerung. Bei mp3 gibt es dagegen eine geringe wahrnehmbare Verzögerung, weshalb es für das Telefonieren weniger gut geeignet wäre, da sich die Gesprächspartner wie bei der Satellitentelefonie gegenseitig ins Wort fallen würden.

Wann geht es los mit der verbesserten Telefonie?

Popp: Der Standard wird im Herbst 2014 fertig sein. Wir erwarten, dass erste Implementierungen bereits Ende des Jahres verfügbar sein werden. Bei der Entwicklung wurde Wert darauf gelegt, dass das neue Verfahren mit der heute zur Verfügung stehenden Hardware implementiert werden kann, so dass einer Integration in neue Mobilfunkmodelle nichts im Wege steht.

Benötigt man dazu auch neue Smartphones, also Hardware, oder genügt ein Software-Update?

Popp: Die Geräte der neuesten Generation sollten über genügend Rechenleistung und Speicher verfügen, um den neuen Codec auszuführen.

Dieses Thema betrifft die Audiocodierung. Auch im Bereich Audiosignalverarbeitung sind Sie aktiv.

Popp: Wir arbeiten zum Beispiel an Cingo. Hier geht es um die Wiedergabe von virtuellem Surround Sound für mobile Geräte. Man kann sich damit auf einem Tablet Filme mit Surround Sound anschauen, selbst wenn man nur einen Stereolautsprecher hat. Man hat den Eindruck, man sitzt mitten im Geschehen. Zu Hause ist man es ja bereits gewohnt, dass man sich Movies mit Surround Sound anschaut. Cingo bietet dies auch für unterwegs.

Wird dies bereits umgesetzt?

Popp: Der erste große Lizenznehmer ist Google. In Nexus-Geräten steckt diese Technologie bereits drin. Auf einer Pressekonferenz von Google in San Francisco war unser Fraunhofer-Logo deshalb sogar zehn Sekunden eingeblendet. Darauf sind wir stolz.

Gibt es weitere Anwendungsfelder für Signalverarbeitung?

Popp: Symphoria ist ein Beispiel. Dies ermöglicht uns ein 3D-Klangerlebnis im Auto. Diese Technologie bietet auf jedem Sitzplatz ein optimales Klangerlebnis. Wer dies hört, erlebt einen echten Wow-Effekt. Er möchte Musik nicht mehr anders hören! Audi hat angekündigt, damit ab 2014 in Serie zu gehen.

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