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Ärger bei Kamps: Pächter wollen Brötchengeber verklagen - WELT

Ärger bei Kamps: Pächter wollen Brötchengeber verklagen

Filialleiter der Düsseldorfer Großbäckerei fühlen sich von dem Konzern ungerecht behandelt - Überdurchschnittlich hohe Fluktuation?

Konzernchef Heiner Kamps selbst hatte seine Pächter mit einem Rundschreiben in den Hamburger "Ufa-Palast" eingeladen. Mit dem Kinofilm "An Deiner Seite" sollten die Filialleiter und Mitarbeiter der Bäckerei Kamps (früher "Nur hier") am Sonntag auf die neue Werbekampagne der Düsseldorfer Aktiengesellschaft eingestimmt werden. Der neue Werbespot läuft heute an. Weit über 100 Mitarbeiter waren gekommen, um mit den Kamps-Vertretern mit einem Glas Sekt anzustoßen. Dennoch ist derzeit nur wenigen Pächtern zum Feiern zumute. Es ist noch immer das Gesprächsthema in den Bäckereien, dass die Kamps AG ihre Pachtnehmer durch so genannte "Knebelverträge" an sich binde, wie das ARD-Wirtschaftsmagazin "Plus-Minus" berichtet hatte.

Der Hamburger Verein für Treu und Glauben, Pro Honore, hatte daraufhin angekündigt, er wolle gegen Kamps Strafanzeige wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitnehmergeldern stellen. Nach der Drohung gab sich Kamps gesprächsbereit. Vorstandsmitglied Wolfgang Kröger war bereits in Hamburg, um mit Pro Honore über die Vorwürfe zu sprechen. Diese Woche will der Verein dem Konzern eine Liste mit Forderungen zuschicken, ehe sich beide zur nächsten Gesprächsrunde verabreden. Erst dann will sich der Verein festlegen, ob die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden soll oder nicht.

Es sind vielfältige Vorwürfe, die Pro Honore im Namen von 17 Filialleitern erhebt: Die Pacht werde dem Umsatz angepasst. Der Mehrerlös werde sofort abgeschöpft - vor allem bei Cola oder belegten Brötchen bleibe den selbstständigen Unternehmern wenig übrig. "Selbst bei überdurchschnittlichen Umsätzen kommen wegen des Vertrags keine überdurchschnittlichen Erträge heraus", kritisiert Rechtsanwalt Otto Dobbeck von Pro Honore. Pächter könnten den zuweilen zehnseitigen Vertrag nicht überblicken - vor allem ausländische und unerfahrene Filialleiter. Außerdem hätten die Pächter überhaupt keine unternehmerische Freiheit. Dobbeck vermutet deshalb, dass es sich bei ihnen um Scheinselbstständige handele. Millionen an Sozialabgaben würden so gespart. "Sie können nicht einmal Urlaub machen, wann sie wollen", gibt sich Dobbeck entrüstet. "Mir werden sogar die Öffnungszeiten, das Sortiment und die Preise vorgeschrieben", klagt Horst Schmidt, Pächter aus Hamburg. Einige der insgesamt rund 640 in Deutschland ansässigen Filialleiter haben laut Pro Honore deshalb angekündigt, auf dem Gerichtswege ihren Status als Arbeitnehmer einklagen zu wollen. Fünf solcher Prozesse hat Kamps nach eigenen Angaben bereits gewonnen. "Das belegt doch, dass alles rechtens abläuft", sagt Sprecher Thomas Sterz.

Dobbeck wirft Kamps vor, Detektive einzusetzen, um die Pächter zu kontrollieren. Sterz gab gegenüber der WELT zu: Im Einzelhandel seien so genannte Mystery-Shopper üblich. Pächter hätten Kamps vor fünf bis sechs Jahren sogar darum gebeten - aber nicht nur bei denen würden Kontrolleure vorbeischauen, so Sterz. "Detektive einzusetzen ist absurd", meint hingegen Dobbeck. Er vermutet, dass Kamps Verstöße der Pächter provoziere, um sie später unter Druck setzen zu können. "Durch die Knebelverträge sind manche gezwungen, sich durch Schwarzarbeit und fehlende Buchungen in die Kasse über Wasser zu halten."

Die Fluktuation unter den Kamps-Pächtern sei ohnehin extrem hoch, sagt Dobbeck. In den beiden vergangenen Jahren habe es in Hamburg rund 50 Pächterwechsel gegeben - bei insgesamt 115 Geschäften. Kamps-Sprecher Sterz hingegen spricht von lediglich drei bis fünf Prozent, die aufgegeben hätten: "Das ist völlig undramatisch." Nach Informationen der WELT soll jedoch sogar Hamburgs Geschäftsführer Gerhard Maack die hohe Fluktuation auf einem Pächtertreffen beklagt haben. Er wollte sich aber nicht äußern.

Pächter Horst Schmidt (51) hat seinen Pachtvertrag für den Laden an der Waitzstraße zum 31. August gekündigt - nach 25 Jahren. "Es geht nicht mehr weiter", sagt er und zuckt seufzend mit den Schultern. In ähnlichen Situationen wie er seien mehrere Pächter. "Doch kaum jemand wagt sich, etwas dagegen zu unternehmen."

Informationen im Internet:

www.kamps.de

www.prohonore.de

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