Im Sommer hat Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte ihre Karriere beendet. Beim Berliner Sechstagerennen kehrt sie noch einmal zurück in den Sattel. Im Interview spricht sie über ihren Abschiedswettkampf, den deutschen Bahnradsport und ihr Leben nach der Karriere.
Miriam Welte: Dieter Stein (Sportlicher Leiter der SIXDAYS, Anm. d. Red.) hat mich am Tag meines Rücktritts angerufen und mich gefragt, ob ich nicht bei den SIX DAYS starten möchte. Ich habe dann direkt gesagt: Ja, coole Sache, bin ich dabei! Ich freue mich auch darauf einfach, dem deutschen Publikum, den deutschen Fans hier vor Ort nochmal danke zu sagen für die großartige Unterstützung in den letzten Jahren. Und ich glaube, dass das ein toller Abschluss ist.
Hatten Sie denn seit September überhaupt schon Zeit, von der aktiven Karriere Abschied zu nehmen?Irgendwie gar nicht(lacht). Ich habe so viele Termine gehabt in den letzten Monaten und Wochen, dass ich gar nicht dazu kam, mal alles Revue passieren zu lassen, oder drüber nachzudenken, was denn so war in den letzten Jahren im Radsport. Aber ich denke, dass jetzt nach und nach auch die Zeit dafür kommt. Wenn ich zuhause bin, will ich unbedingt noch ein Fotoalbum machen: Meine Jahre im Radsport mit den Best-ofs. Ich glaube, spätestens dann, wenn ich die ganzen Bilder durchschaue, kann ich nochmal alles genießen und mir vor Augen führen, was so war.
Was überwiegt vor den SIX DAYS: Die Nervosität vor den letzten Rennen, oder die Vorfreude sich verabschieden zu können?Beides so ein bisschen. Nervosität auf jeden Fall deswegen, weil die anderen Mädels mit einer Topform hier am Start stehen werden. Die kommen frisch aus dem Trainingslager in Kapstadt. Dann ist vier Wochen nach den SIX DAYS auch die Weltmeisterschaft in Berlin. Da wollen die natürlich zeigen, was sie drauf haben und bei der WM auch vorne mit dabei sein. Deswegen ist schon Nervosität da, aber ich freue mich auch sehr, dass ich hier jetzt nochmal danke sagen kann und fahren darf.
Dieses Jahr ist der Damensprint wieder mit im Programm. Wie wichtig ist es, dass dieser Wettbewerb im Rahmen der SIXDAYS stattfindet?Es ist superwichtig, dass wir Frauen auch die Möglichkeit haben, uns den Fans und den Zuschauern zu zeigen. Es kommen auch viele junge Talente. Gerade am Sonntag [Familientag, Anm. d. Red.] sind dann viele Kinder mit dabei, und wenn die uns Mädels und Frauen hier Bahnrad fahren sehen, dann können wir keine bessere Werbung haben, als eben über das Sechstagerennen zu zeigen: Bahnradsport ist attraktiv, cool, spannend und macht Spaß. Ich hoffe einfach, dass man so noch mehr junge Talente für den Bahnradsport gewinnt. Einfach, weil es ein cooler Sport ist.
Wie schätzen Sie das Teilnehmerinnenfeld ein? Was dürfen die Zuschauer da erwarten?Auf jeden Fall superspannende Wettkämpfe. Gerade mit Pauline Grabosch, Lea-Sophie Friedrich und Emma Hinze haben wir die drei besten Deutschen aus dem vergangenen Jahr mit dabei. Emma und Lea haben auch bei den Weltcups gezeigt, dass sie ganz vorne in der Weltspitze mit dabei sind. Also, bei uns ist ein Topniveau mit viel Spannung geboten. Ich denke, dass jeder Wettkampf, den wir fahren werden, auf jeden Fall von sehr viel Ehrgeiz der Mädels geprägt ist, weil jede hier gewinnen will.
Ende Februar ist dann noch die Bahnrad-WM in Berlin, auch wieder im Velodrom. Wie wichtig ist das für den Radsportstandort Berlin, dass diese Events auch in so kurzer zeitlicher Abfolge hier stattfinden?Erstmal ist es ja so, dass die WM in Berlin die erste seit 2003 in Deutschland ist. Das heißt, dass wir über 16 Jahre kein Großereignis, keine WM mehr in Deutschland hatten. Daher ist das superwichtig, um einfach der deutschen Radsportgemeinde zeigen zu können, was wir Deutsche alles können, auch auf der Bahn. Dann ist es auch so, dass man über diese Wettkämpfe die Zuschauer wieder motiviert, selbst auch den Sport auszuüben. Aber man macht eben auch ein bisschen Vorfreude auf die Olympischen Spiele, die dann im Sommer kommen. Wenn man dann hier in Berlin die WM gesehen hat und als Zuschauer mit dabei war, schaut man vielleicht doch das eine oder andere Mal bei den Olympischen Spielen Bahnradsport. Das ist auf jeden Fall eine supergute Werbung und ich hoffe, dass viele Zuschauer und Fans kommen werden.
Blicken wir auf die Zeit nach Ihren Abschiedsrennen bei den SIX DAYS. Bleiben Sie dem Sport denn in irgendeiner Form erhalten, oder gibt es da andere Pläne?Primär bin ich bei der Landespolizei Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren in der Sportfördergruppe gewesen. Jetzt fange ich da auch an, als Polizistin fest zu arbeiten. Ich bin Oberkommissarin und das ist meine berufliche Zukunft. Aber trotzdem will ich nach wie vor auch im Sport bleiben und etwas zurückgeben. Ich habe in den letzten Wochen auch schon angefangen, mit jungen Talenten zu arbeiten, und habe am Stützpunkt in Kaiserslautern das Athletikprogramm und Stretching für die U17 und U19 übernommen. Ich schaue, dass ich da auch in Zukunft noch ein bisschen mehr machen kann. Das Interesse mich einzubinden ist da. Da freue ich mich auch drauf, weil ich glaube, dass ich von meiner Erfahrung viel weitergeben kann. Ich hoffe, dass ich so einfach auch ein paar junge Talente voranbringen kann.