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Nach den Studios ins Netz - und dann auf die Straße

© AFP

An einem Samstag im Jahr 1987 beendete Beppe Grillo seine Karriere im italienischen Fernsehen. Er war zur Abendshow Fantastico 7 eingeladen, und eigentlich wussten die Veranstalter, worauf sie sich einließen. Grillo war ein bekannter Satiriker, der in den achtziger Jahren zu Italiens größten Fernsehstars zählte. Mit steigender Popularität wurde auch seine Satire bissiger und politischer. An jenem Abend jedoch erlaubte er sich eine Spitze, die das staatliche Fernsehen ihm so schnell nicht verzeihen sollte. Er griff die Sozialistische Partei Italiens (PSI) und deren Vorsitzenden, den damaligen Ministerpräsidenten Bettino Craxi, harsch an und warf ihnen Korruption vor. Es war vorerst sein letzter Auftritt im staatlichen Fernsehen.

Die Ungnade des Staatsfernsehens Rai tat Grillos Popularität aber keinen Abbruch. Zudem bewies der Zusammenbruch des alten Parteiensystems zu Beginn der neunziger Jahre, dass er mit seiner Kritik ins Schwarze getroffen hatte. Die Aktion „Mani Pulite" (Saubere Hände) einiger Mailänder Staatsanwälte nahm die PSI und die Christlich Demokratische Partei wegen Korruption auseinander. Craxi flüchtete vor der Anklage nach Tunesien und kehrte nie mehr zurück.

Grillo hatte mit dem Fernsehen abgeschlossen, doch mit der Politik noch lange nicht. Seine Auftritte blieben laut und provokativ - ein Prototyp des italienischen Wutbürgers mit weißer Lockenmähne, der Politiksatire im alten Stil bot, wie sie in Italien immer weniger zu sehen war. Ein Jahrzehnt lang füllte Grillo so Plätze und Arenen. Dann entdeckte er das Internet für sich. 2005 startete er seinen Blog und sammelte dort die über Italien versprengten Gruppen seiner Anhänger: netzaffine, zumeist junge Menschen, die mit der Politik der etablierten Parteien unzufrieden waren. Grillo schrieb bissige Artikel, in denen er Korruption, Umweltverschmutzung und andere Skandale polemisch anprangerte. Die Öffentlichkeit diskutierte darüber per Kommentar-Button - ungefiltert, wie Grillo auf seiner Seite betont. Er bot den Frustrierten eine Plattform, um ihre Meinung loszuwerden. Und dann holte er sie aus dem Internet, zurück auf die Straße.

Im Jahr 2007 begann der erste große Protest mit 80.000 Teilnehmern in Bologna beim sogenannten „V-Day". Das V stand für „Vaffanculo", wörtlich übersetzt Leck-mich-am-Arsch, hier jedoch mehr im Sinne von „Hau ab!" benutzt. Denn Grillo verlas auf offener Bühne die Namen von rund 30 Abgeordneten des italienischen Parlaments, die allesamt vorbestraft waren - von Steuerhinterziehung über Korruption bis Totschlag. Hinter jedem Namen schrie Grillo das V-Wort. Der Auftritt wurde live in andere Städte übertragen. Insgesamt sammelten sich vor den Leinwänden mehr als 300.000 Demonstranten, alle nur über soziale Netzwerke, Blogs und Mund-zu-Mund-Propaganda informiert.


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