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Alice Weidel, die neue Rechte


Jung, gebildet, homosexuell – kurz vor der Bundestagswahl gibt sich die AfD ein neues Gesicht: Alice Weidel. Doch im Kern bleibt die Partei ganz die Alte. Das gefällt vor allem dem Mann, der die Fäden zog. Eine Reportage.


Erschienen am 24. April 2017


Für einen Moment scheint Alice Weidel selbst überrascht, welche Wirkung ihre Worte entfalten. Die Delegierten sind aufgesprungen, skandieren „A-f-D, A-f-D". Weidel - schlank, blondes Haar, dunkler Hosenazug - wartet kurz ab. Dann ruft sie: „Wir sind die einzige Partei für Deutschland in der Bundesrepublik." Sie beherrscht die Tonlagen - von schmeichelnder Ansprache, über beißenden Sarkasmus bis hin zum wütenden Crescendo. Und heute lässt sich das Publikum von jedem ihrer Sätze begeistern.


Gemeinsam mit dem 76-jährigen Parteivize Alexander Gauland soll die 38-jährige Weidel die AfD in den Wahlkampf führen. Ein ungleiches Team, doch Weidels Rolle ist klar: Sie soll einen Neuanfang verkörpern, zumindest nach außen hin. Weidel ist jung, lesbisch, wirtschaftsliberal - und spielte in den bisherigen Grabenkämpfen der Partei kaum eine Rolle.

Wenn die Mitglieder des Bundesvorstands jetzt kurz nach der Wahl des Duos auf der Bühne stehen, sich umarmen, die Hände schütteln und ins Publikum winken, dann soll das nach den ewigen Streitigkeiten der vergangenen Monate eine Botschaft senden: alles wieder gut.


Ist es das?


Die Krönung von Gauland und Weidel in Köln ist der vorläufige Abschluss eines chaotischen Parteitages, bei dem die AfD erneut nach rechts gerückt ist. Die Partei hat sich gegen den bürgerlichen Kurs entschieden, den Parteichefin Frauke Petry durchsetzen wollte. Dagegen, sich explizit von rassistischen, antisemitischen, und völkischen Ideologien abzugrenzen. Innerhalb weniger Stunden beschädigte die Partei ihre Chefin am Samstag so stark, dass nicht wenige es für möglich hielten, sie werde zurücktreten.


Die Partei habe eine schwerwiegende Entscheidung getroffen, einen Fehler gemacht, sagt Petry mit versteinerter Miene. Und gefragt, ob das noch ihre Partei sei: „Ich werde mir bis zum Herbst ansehen, wie sich das weiter entwickelt." Im Wahlkampf müssten jedenfalls andere eine führende Rolle spielen. Petry bleibt an der Spitze, aber nur unter Vorbehalt. Sie geht auf Distanz zu ihrer eigenen Partei. Als Zugpferd im Wahlkampf steht sie nicht zur Verfügung.


Delegierte fühlten sich an den Parteitag von Essen 2015 erinnert. Damals war AfD-Chef Bernd Lucke unter Buh-Rufen vom nationalkonservativen Flügel geschasst worden. Frauke Petry wurde neue Parteichefin, unterstützt ausgerechnet vom umstrittenen Thüringer Landeschef Björn Höcke. Die Allianz, sie hielt nicht einmal bis zum Ende des Parteitages. Nun wird Petry selbst vom rechtsnationalen Flügel um Gauland und Höcke zur Seite gedrängt. Und Alice Weidel soll das neue Gesicht der Partei sein.


Schon länger gehört die 38-Jährige zu den Aufsteigern in der AfD. Und das, obwohl sie bei der Wahl zum Landesvorstand in Baden-Württemberg kürzlich eine Niederlage erlitt. Weidel hatte sich zuvor den ersten Platz der Landesliste für die Bundestagswahl erkämpft - einigen ging das wohl zu schnell...


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