Stell dir vor, du lebst in einem Land, in dem du nicht lieben darfst, wen du willst. Bis vor 25 Jahren ging es homosexuellen Menschen in Deutschland so. Mindestens 64.000 Personen wurden wegen des sogenannten Schwulenparagrafen, § 175 des Strafgesetzbuchs, verurteilt, unzählige diskriminiert. Erst am 11. Juni 1994 wurde das Verbot abgeschafft. VICE und i-D feiern dieses Jubiläum in einer Themenwoche. Mit Geschichten von queeren Menschen, die damals wie heute für ihr Recht kämpfen, zu lieben, wen sie wollen.
Paul: "Wir haben immer das Beste aus allem gemacht, auch wenn man versucht hat uns kleinzukriegen"
3.000 D-Mark hat es mich gekostet, mir endgültig einzugestehen: Ich bin schwul und das bleibt auch so. Das Geld hatte ich einer Partnervermittlung in Bamberg gezahlt, die mir zwölf Frauen vorstellen wollte. Ich war damals schon 30 Jahre alt, ledig, und der Mann, in den ich zehn Jahre lang verliebt war, mit dem ich intim geworden war, hatte eine Frau geheiratet - und ich war sein Trauzeuge.
Nach den ersten sechs Frauen, die mir die Partnervermittlung vorstellte, wusste ich: Das war's jetzt. 1980 bin in eine Schwulengruppe gegangen, die sich gerade frisch gegründet hatte. Die meisten dort waren Studenten, manchmal war ich ganz allein, manchmal waren wir bis zu 20 Leute. Diese "Initiative Homosexualität" in Bamberg war eine streng politische Gruppe, man sollte untereinander keine Beziehung haben, das wurde jedes Mal ins Protokoll geschrieben. Es ging uns um den Kampf gegen § 175, um Akzeptanz in der Gesellschaft. Ich war in Bamberg recht bekannt und habe mich selbst deswegen eher im Hintergrund gehalten, alles organisiert, bin aber nie mit auf die Straße gegangen, um Flugblätter zu verteilen.
Ich habe dann doch etwas mit einem Mann aus der Gruppe angefangen. Er war noch Student und ist bei mir eingezogen. Mein erster richtiger Freund. Als wir aus der Wohnung raus mussten, weil der Vermieter Eigenbedarf anmeldete, war es für uns fast unmöglich eine gemeinsame Wohnung zu finden. Entweder die Leute haben gedacht: Zwei Männer, das wird ein Hurenhaus mit ständig wechselnden Frauen! Oder sie haben den Braten gleich gerochen....
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