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Mit einem Lachen lernen

Seit über 40 Jahren vermittelt Christoph Biemann in der „Sendung mit der Maus“ Wissen an Jung und Alt. Nun erklärte er das Geheimnis hinter seinem Lebenswerk.

Klammheimlich und beinahe unbemerkt schlich sich diesen Sommer ein Kindheitsheld vieler Studierender nach Heidelberg: Christoph Biemann, besser bekannt als der Christoph mit dem grünen Pulli aus der „Sendung mit der Maus“, besuchte die Vortragsreihe des Heidelberger Kreises im Karl-Jaspers-Haus. Der sonst spärlich besuchte Raum füllte sich durch die Ankündigung des hohen Besuchs schnell. Nein, an diesem Abend sollte nicht wie sonst das Rätsel um den Knick in einem Würstchen gelöst werden. Biemann kam, um denen, die mit ihm aufgewachsen sind, nun die Hintergründe der Lach- und Sachgeschichten nahezubringen.

Die Intention der „Sendung mit der Maus“ und damit ihre Anfänge beschrieb er so: „Wir wollen Kinder nicht als unvollkommene Erwachsene sehen. Wir machen deshalb die Türen dort auf, wo sie zunächst keinen Zugang haben.“ In den frühen Jahren der Sendung war es deshalb wichtig, den Kindern die Arbeitswelt zu zeigen. Bei der Produktion wurde festgestellt, dass die kurzen Filme auch einen Unterhaltungswert haben. „Es ist ein gutes Gefühl, nach wenigen Minuten viel mehr zu wissen als zuvor. Emotionen spielen dabei eine große Rolle.“ Biemann demonstrierte dies an einem Kurzfilm, in dem erklärt wurde, wie Lichter auf der Kirmes leuchten. Am Ende macht Christoph ein belustigtes Gesicht. „Das dumme Gesicht am Schluss wäre nicht nötig, schafft aber einen angenehmen Lernraum.“ Die humoristische Art beherzigt er auch bei seinem Vortrag und witzelt: „Ausschweifen ist nicht mein Ding. Ich drehe ja seit über 40 Jahren Filme unter fünf Minuten.“

„Man stellt sich die Frage, ob die Maus nach über 50 Jahren nun veraltet sei“, meint Biemann. Doch die Kinder seien konservativ, sie wollen wohl bei Shaun dem Schaf und Käpt‘n Blaubär bleiben. Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Zuschauer Erwachsene seien und die „Sendung mit der Maus“ als Tradition aus ihrer Kindheit sehen. Natürlich müsse auch die Maus mit der Zeit gehen: Die Fragen der Kinder und damit auch der Inhalt der Lach- und Sachgeschichten hätte sich im Verlauf der Jahre verändert. Wo in den Anfangsjahren Fragen nach der Produktion von Gegenständen den größten Platz in der Sendung einnahmen, sind es heute Funktionsfragen, und einen auffallend hohen Anteil nehmen Fragen nach Recycling und Nachhaltigkeit ein.

Dabei versuche die „Sendung mit der Maus“ natürlich immer, die Fragen der Zuschauer zu beantworten: Nach einem Aufruf trafen 73 000 Fragen von Zuschauern ein. Heraus kam dabei der Film „4-er Kniffel“. In diesem Film wird die absolut alltägliche Frage beleuchtet, weshalb die Würfel einer jungen Zuschauerin immer mit der Zahl 4 nach oben landen, wenn sie sie in ihre mit Wasser gefüllte Badewanne wirft. Christoph besuchte daraufhin das junge Mädchen und verglich ihre Würfel mit seinen. Auch unterschiedliche Badewannen wurden getestet. Schließlich musste er die Würfel des Mädchens zu Untersuchungen in eine Klinik bringen. Hier wurden die Würfel geröntgt und auch ein MRT angefertigt. Heraus kam dabei, dass sich im Inneren, nahe der Anzeige der 4, mehr Luft befindet. „Der Film ist ein schönes Beispiel“, reflektiert Biemann, „um physikalische Gesetze zu erklären und zugleich Einblicke in die technische Ausstattung eines Krankenhauses zu geben. Und das in nur fünf Minuten.“ Natürlich gebe es auch Fragen der Zuschauer, die das Team der „Sendung mit der Maus“ nicht beantworten könne, erklärt er an diesem Abend. Darunter fallen die Fragen „Wo wohnt Gott?“, aber auch „Warum spucken Fußballer?“. Letzteres sei dann nicht aus moralisch-emotionalen Gründen nicht zu beantworten, sondern einfach, weil man daran nichts erforschen könne. „Sie spucken einfach, Punkt.“

Auch die Frage nach dem grünen Pulli interessierte seine Zuhörer im Karl-Jaspers-Haus. Die Antwort ist weitaus weniger spannend, als es vom lustigen Geschichtenerfinder zu erwarten ist. „Wir drehten einen Film, um zu erklären, was Atomkraft ist. Das war übrigens eine Strafarbeit“, so Biemann. „Damals hatte ich zwei grüne Pullis, einfach weil das in Mode war, die ich beim Dreh anhatte. Wir drehten in dieser Zeit aber noch viel mehr Filme und irgendwann wurde es mein Erkennungsmerkmal und es ging nicht mehr ohne.“

Als die Diskussionsrunde ihn am Ende des Abends schließlich auf seine Rolle im deutschen Bildungssystem anspricht, bleibt Biemann bescheiden: „Ich produziere im Jahr 65 Minuten Wissen. Ein Lehrer muss im Jahr deutlich mehr leisten.“


Von Maren Kaps (Juli 2018)

Bild: wdr/Annika Fußwinkel