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Apostile

Geteiltes Heidelberg

Was studierst du eigentlich? Keine andere Frage scheint die Heidelberger Studenten mehr zu beschäftigen. Getarnt als Smalltalk-Basis wird zu Beginn einer Unterhaltung versucht, das neue Gegenüber aufgrund seiner Antwort in das eigene Schwarz-Weiß-Denken einzusortieren. Und wehe, es enttäuscht uns durch eine Inkonsequenz von Aussehen und allgemeinem Vorurteil über die genannte Fächerkombination. Reagiert wird getreu dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“. Interesse am Studium des Fragenden wird vorgetäuscht, um dann in den Austausch von Vorurteilen überzugehen. Zufrieden stellt man fest, dass andere Studiengänge keine Ahnung vom eigenen Studienfach haben und man kann sich arrogant zurücklehnen und innerlich das eigene Selbstwertgefühl tätscheln. Nicht jeder Studiengang stößt dabei wie Plus- und Minuspol aufeinander und wir unterstützen die Disziplinen, die unserer eigenen nahe sind.

In Heidelberg haben wir dabei eine großartige Hilfestellung und müssen nicht einmal selbst ausloten, welche Studiengänge Freund oder Feind sind. So wird man automatisch einem Territorium mit Gleichgesinnten zugewiesen: Altstadt, Bergheim oder Neuenheimer Feld. Die Vorteile dieser Aufteilung sind dabei nicht von der Hand zu weisen und so scheint es sich natürlich zu fügen, dass die Geisteswissenschaftler die romantische Altstadtblase beflügeln, Naturwissenschaftler mit Fortschritt und Wissenschaft das hochmoderne Neuenheimer Feld voranbringen und Studenten in Hemd und Krawatte sich in Bergheim nicht einmal selbst die Eingangstür zu ihrer klassizistischen Villa öffnen müssen. Das Resultat: Kleinkrieg der Vorurteile zwischen den Campus.

Fast unverschämt einfach machen es sich demnach Universitäten wie das Karlsruher Institut für Technologie. Hier studieren alle irgendwas mit Technik. Und sollte jemand so exotisch sein, aus diesem Muster auszubrechen, dann stört das verrückterweise keinen. Es fällt nicht einmal auf, denn die Frage „Was studierst du eigentlich?“ kommt gar nicht erst auf. Sollten sie also unser Vorbild für eine geeinte Studentenschaft sein?


Von Maren Kaps (Juni 2017)