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Fitnessstudios im Corona-Lockdown: Sportlich abkassiert

Denis Osadchuk ist seit zweieinhalb Jahren Mitglied der Fitnesskette Fit/One. Normalerweise trainiert er vier- bis fünfmal die Woche in seinem Leipziger Studio. Seit November ist das wegen des Shutdowns nicht mehr möglich. Den Mitgliedsbeitrag bucht das Studio jedoch weiterhin von seinem Konto ab, obwohl er Einspruch dagegen eingelegt hat. Als Ausgleich verlängerte es seinen Vertrag um die Anzahl der geschlossenen Monate. Der Student ist sauer und beklagt das "dreiste Vorgehen".

Wie dem 25-Jährigen geht es derzeit sehr vielen Mitgliedern der Fitnesskette. In der Facebookgruppe "Geschädigte Mitglieder Fit/One bundesweit" tauschen sich über 1600 Mitglieder darüber aus, wie das Unternehmen weiterhin Beiträge abbuche, Kündigungen in die Länge ziehe, auf Erstattungsforderungen nicht reagiere und Verträge ohne Einwilligung verlängere.

Tägliche Beschwerden

Auch über andere Studios gibt es viele Beschwerden. Der Medizinstudent Jannis Stader ist Mitglied der Fitnesskette John Reed. Als es zum zweiten Shutdown kam, konnte er die Zahlungen nur über ein Online-Formular stoppen. "Aufgeklärt wurde ich darüber nicht", sagt er. Und das Studio habe jeden nicht bezahlten Monat ohne Rücksprache an seinen Vertrag drangehängt. Auch andere Ketten wie McFit, FitX, beneFit und Elbgym verlängern die Laufzeiten entsprechend.

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Bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen gehen täglich neue Beschwerden über Vertragsverlängerungen ein. "Einseitig festlegen dürfen Studios das nach unserer Auffassung nicht, wenn es dafür im Vertrag keine Grundlage gibt", sagt die Referentin Tiana Preuschoff. "Die Studios agieren hier teilweise sehr verbraucherunfreundlich und aus unserer Sicht auch rechtswidrig."

Doch so klar ist die Lage nicht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat vor dem Landgericht Würzburg gegen einen Inhaber geklagt, der angekündigt hatte, die Verträge um die trainingsfreie Zeit kostenlos zu verlängern. Das Urteil der Richter ist eine Niederlage für die Verbraucherschützer: Die Covid-19-Pandemie treffe die ganze Gesellschaft, habe massive Auswirkungen auf die Studios und erfordere solidarisches Handeln. "Dieses Urteil nutzen nun viele Studios, um Verlängerungen zu rechtfertigen", sagt Preuschoff. Dabei sei es nicht so selbstverständlich zu verallgemeinern. Es sei in der Klage ursächlich um wettbewerbsrechtliche Fragen gegangen.

Das Amtsgericht Papenburg urteilte dann auch ganz anders. Ein Studio musste die einseitige Vertragsverlängerung zurücknehmen.

So geht es hin und her und für viele Fitnessstudios um die Existenz. Die Bundesregierung hat im vergangenen Mai eine Sonderregel eingeführt, um die Betreiber vor dem finanziellen Ruin zu bewahren. Sie dürfen allen Kunden, die vor dem 8. März 2020 einen Vertrag abschlossen und die Beiträge weiter bezahlten, einen Wertgutschein als Ersatz anbieten. Aber was heißt das genau? "Aus unserer Sicht ist das ein Gutschein, der zeitunabhängig und nicht zweckgebunden einsetzbar ist", sagt Preuschoff. "Damit ist es nicht in Ordnung, einfach kostenlose Monate an den Vertrag zu hängen." Aber womit sollen Fitnessstudios sonst bezahlen? Detoxdrinks an der Milchbar?

Lesen nicht Pumpen

Die grundsätzliche Antwort zur Vertragsverlängerung findet sich im Kleingedruckten. Der Student Jannis Stader beantragte eine Pause, und ganz automatisch verlängerte das Fitnessstudio seinen Vertrag. Was tun? Nicht pumpen, sondern lesen, rät die Verbraucherzentrale. Manche Studios hätten entsprechende Passagen eingefügt, zum Beispiel wegen möglicher Schwangerschaften oder Krankheitszeiten. Dann sei eine Verlängerung legitim.

Bei Verträgen, die erst nach dem Ausbruch der Corona-Krise geschlossen wurden, können die Kunden dagegen auf Beitragsrückzahlung bestehen. Zumindest für die Monate, in denen die Studios auf staatliche Anordnung hin geschlossen waren.

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