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Hipsterpommes und Drogenszene - Wie läuft es mit dem „Frittenwerk"?

Lange Zeit war die Kaiserstraße 78 eine Adresse der Frankfurter Drogenszene. Schon als dort noch eine Filiale der Nassauischen Sparkasse zu finden war, trafen sich an dieser Stelle Dealer und Konsumenten. Wer von der B-Ebene des Hauptbahnhofs in die Schlagader des Bahnhofsviertels wollte - so wie täglich tausende Passanten -, musste erst an Trinkern und Drogenkonsumenten vorbei. Und das in einem von Frankfurts derzeit begehrtesten Vierteln.


Bahnhofsviertel ist Aushängeschild der Stadt

Das Bahnhofsviertel ist schon lange zum hippen Hotspot geworden. Daher ist der „Stadtumbau Bahnhofsviertel" eines der prestigeträchtigsten Projekte des Stadtplanungsamts. Denn „das Bahnhofsviertel hat aufgrund seiner zentralen Lage eine prägende Wirkung auf das Gesamtbild der Stadt", so das Amt auf seiner Webseite. Insbesondere Freiflächen wird eine hohe Bedeutung zugemessen: „Freiflächen sind (im Bahnhofsviertel) nur in geringem Maße vorhanden. In Ermangelung eines ausreichenden Angebots an Freiflächen kommt der Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums besondere Bedeutung zu."

Und so hat das Stadtplanungsamt bei neuen Projekten in diesem Gebiet auch ein sogenanntes „Vorbehaltsrecht". Das bedeutet, dass nicht nur eine einfache Genehmigung durch die Bauaufsicht erforderlich ist, sondern dass das Stadtplanungsamt „umfassend berät". Unternehmen und Bauherren müssen sich mit dem Amt koordinieren, damit sich neue Projekte gut mit der langfristigen Planung der Stadt vereinbaren lassen. So soll sichergestellt werden, dass Viertel sich nicht zu schnell und stark verändern.


Keine Beratung erhalten

Hat eine solche Beratung auch stattgefunden, bevor das Frittenwerk an prominenter Stelle eröffnet wurde? „Das höre ich so zum ersten Mal. Wir haben keine Förderungen oder Beratung erhalten", stellt Mateo Skendo, Geschäftsführer des Frittenwerks klar. Er wehrt sich auch gegen den Vorwurf, ein Instrument der Gentrifizierung zu sein. Er betont, dass das Angebot, die Filiale in der Kaiserstraße zu eröffnen, von einem Makler kam.

„Die Trinkerszene ist kein Problem. Die kommen sogar und kaufen Essen bei uns." - Mateo Skendo, Geschäftsführer des Frittenwerks

Der Eigentümer sei offen mit der dortigen Lage umgegangen. Dass ein Sicherheitsdienst notwendig würde, war früh klar. Was sagt Skendo zu der wiederholten Beobachtung von Merkurist, dass das Sicherheitspersonal auch außerhalb des angemieteten Bereichs auf Personen zugegangen ist und - freundlich aber bestimmt - um einen Standortwechsel gebeten hat? „Das kann ich nicht bestätigen", erklärt Skendo. Dazu sei der Sicherheitsdienst nicht angewiesen, ein solches Verhalten auch nicht erwünscht. Dafür sei die Security inzwischen von zwei auf eine Person reduziert worden, „die Trinkerszene ist kein Problem. Die kommen sogar und kaufen Essen bei uns".

Skendo versteht sein Unternehmen als bodenständigen Street-Food-Verkäufer, nicht als Gentrifizierer oder typische Filialkette. Ist das Frittenwerk nicht ein Pilotprojekt zur Aufwertung des Viertels und Verdrängung der Drogenszene? „Ein Pilotprojekt sind wir nur bezogen auf die Außengastronomie", da ginge es darum zu sehen, wie sich diese mit der Klientel im Bahnhofsviertel vertrage.


Hat die Stadt Einfluss genommen?

Wie stehen die zuständigen Behörden und Vertreter aus der Politik zu dem Thema? Der Präventionsrat liefert für die Stadt und den Magistrat als „Impulssammler und Impulsgeber kriminalpräventive Lagebilder und Problemanalyen" und koordiniert dabei die Arbeit von Sozial- und Sicherheitsbehörden in Frankfurt. Dessen Vorsitzender, der ehemalige Polizist Klaus-Dieter Strittmatter, hält sich kurz. Er will sich noch nicht äußern und „das Projekt noch einige Zeit weiter beobachten".

Der Ortsvorsteher des Bahnhofsviertels Dr. Oliver Strank (SPD) kann nur darüber spekulieren, ob die „Ansiedlung" des Frittenwerks gezielt stattgefunden hat. Gleichzeitig macht er deutlich, dass er selbst an der „Entscheidungsfindung" nicht beteiligt war.

„Es geht nicht darum, zu verdrängen, nur zu zerstreuen." - Dr. Oliver Strank (SPD), Ortsvorsteher

Strank macht deutlich, dass die Stadt die Drogenszene nicht verdrängen will. Aber es gehe schon darum, dass diese nicht mehr so konzentriert auftritt. Besser fände er es, wenn sich die Szene einen unauffälligeren Treffpunkt suchen würde. Dazu könne die Außengastronomie beitragen.

Die Drogenszene befindet sich also noch immer in dem Bereich, der künftig zu einem „attraktiven 'Tor zur Stadt'" umgestaltet werden soll. Dennoch hat das Amt keinen Einfluss auf die Planung des Frittenwerks und auf die Umwidmung in der Kaiserstraße 76 genommen, wie Mark Gellert, Sprecher des Dezernats, feststellt: „Letztendlich handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung, die nicht unseres Wohlwollens bedarf. Aber natürlich freuen wir uns, wenn es dort Außengastronomie gibt, die positiv auf die Lage einwirkt." Auch gab es trotz der Lage des Frittenwerks keine Beratung durch das Stadtplanungsamt, so Gellert weiter. Diese wird nur bei umfassenden baulichen Veränderungen oder Neubauten notwendig.


Bisher keine besonderen Vorkommnisse

Eine positive Bilanz zieht Oliver Müller-Maar vom Drogendezernat der Stadt. Auch wenn es anfänglich „Unklarheiten" bei der Befugnis des Sicherheitspersonals des Frittenwerks gab, sei die Lage derzeit ruhig.

„Auch wenn sich einige daran stören, diese Menschen tun nichts Illegales." - Oliver Müller-Maar, Drogendezernat Frankfurt

Eine Verdrängung oder Zerstreuung kann er nicht erkennen, warum auch? Eine Umfrage unter den dort regelmäßig anwesenden Personen ergab: Viele sind abstinent oder leben von Substitution, also Ersatzdrogen und meiden den Kontakt zur Szene. „Auch wenn sich einige daran stören, diese Menschen tun nichts Illegales, sie verbringen einfach ihren Tag dort."

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