Artikel von: MARCEL BRAUNE, WALTER M. STRATEN und PETER MÜLLER (Fotos)
Gladbach-Manager Max Eberl zählt Hertha BSC schon zu den neuen Kandidaten um die vorderen Plätze. Jetzt schießt Investor Lars Windhorst (43) weitere 150 Millionen rein.
Insgesamt 374 Mio. Euro für 66,6 Prozent der Anteile an der Profiabteilung (bei nur 49,9 Prozent der Stimmanteile).
BILD fragte Windhorst: Kaufen Sie Hertha BSC einen Platz in der Champions League?
Windhorst: „Den kann man nicht kaufen, sondern muss ihn durch sportliche Leistung erreichen. Aber Hertha eröffnen sich durch das Investment hervorragende Chancen. Der finanzielle Background des Vereins ist ein wichtiger Beitrag, jetzt muss auf sportlicher Ebene von den Verantwortlichen im Verein maximal viel daraus gemacht werden. Ich glaube fest daran, dass dieses Ziel erreicht werden kann.“ BILD: Sind Platz 10 und vier Trainer (Covic, Klinsmann, Nouri, Labbadia) in der vergangenen Saison das, was Sie sich vorgestellt haben? Windhorst: „Man kann doch nicht erwarten, dass es in den ersten zwei Jahren gleich einen Durchbruch gibt. Das wäre reines Glück gewesen.“
BILD: Die Spieler-Marktwerte sind in der Corona-Krise stark gesunken. Kann Hertha mit diesem Geld jetzt Superstars kaufen? So eine Stufe unter Neymar... Windhorst: „Theoretisch und praktisch gibt es jetzt große Möglichkeiten. Wir denken und glauben, dass die Verantwortlichen diese Chance nutzen werden und es einen langfristigen Effekt gibt. Wir haben uns bewusst entschieden, in dieser schwierigen Situation der Corona-Krise weiteres Geld zur Verfügung zu stellen. Damit wollen wir auch gegenüber den Vereinsmitgliedern unser langfristiges Engagement für die nächsten 10 bis 20 Jahre unterstreichen.“
BILD: Da müsste ja die Meisterschaft fällig sein. Windhorst: „Richtig, warum nicht? Wenn alle Beteiligten mitspielen und nicht zu große Fehler gemacht werden, dann gibt es theoretisch keinen Grund, warum Hertha nicht auch einmal Deutscher Meister werden sollte und in der Champions League oben mitspielt. Aber wie schnell das geht, kann keiner vorhersagen.“ BILD: Sind Ihre Investments Ihr persönliches Geld? Oder vertreten Sie eine Investorengruppe?
Windhorst: „Das ist Geld der Tennor Holding, die zum größten Teil mir gehört.“ BILD: Mario Götze und Julian Draxler waren im Gespräch. Braucht Hertha Spieler mit Glamour-Faktor? Windhorst: „Der Glamour-Faktor gehört sicher zum Marketing, einen Verein für die Öffentlichkeit interessant zu machen. Dazu gehören aber mehr Punkte als Spieler oder Trainer. Es gibt ja noch weitere Aspekte, wie Hertha Einnahmen steigern kann: neben dem sportlichen Erfolg zum Beispiel Werbeeinnahmen und Sponsoring.“
BILD: Jens Lehmann sitzt nun statt Jürgen Klinsmann im Aufsichtsrat. Wie sind Sie auf ihn gekommen?
Windhorst: „Jens Lehmann hat international große Erfolge gefeiert und ist ein Fachmann. Mich hat seine direkte und offene Art gereizt. Er soll uns als Experte zum Beispiel Einschätzungen zur Kaderzusammenstellung, Verkäufen und Käufen geben. In diesem Bereich haben wir naturgemäß wenig Erfahrung.“
BILD: Warum ist Marc Kosicke, Berater u.a. von Jürgen Klopp, nicht wie angekündigt im Aufsichtsrat?
Windhorst: „Marc Kosicke ist unser wesentlicher Berater für das Fußball- und Sportbusiness. Diese Rolle kann er freier wahrnehmen, wenn er keinen offiziellen Posten bei Hertha hat. Im Übrigen haben wir Hinweise von der DFL bekommen, dass es hier möglicherweise Interessenkonflikte mit Kosickes Berater-Tätigkeit geben könnte. Dem wollten wir einfach vorbeugen.“
BILD: Sie berufen stattdessen Rechtsanwalt Thomas Werlen in den Aufsichtsrat. Der Jurist ermittelte beim Fifa-Korruptionsskandal. Was soll er bei Hertha aufdecken?
Windhorst: „Darum geht es nicht, und das gibt es auch nicht. Thomas Werlen ist ein ausgezeichneter Jurist, der eine Begeisterung für Fußball mitbringt.“
BILD: Bereuen Sie den Begriff „Big City Club“, für den Sie schon durch den Kakao gezogen wurden?
Windhorst: „Ach wissen Sie, es wird so viel durch den Kakao gezogen, wenn es nicht gleich läuft. Ich stehe zu dem Begriff. Denn er bringt auf den Punkt, worum es geht. Man braucht eine große Bühne, wo Spieler gern leben und ein interessantes Umfeld wie Publikum finden. Auf Dauer werden die Großstadtklubs Erfolg haben.“
BILD: Worüber haben Sie sich mehr geärgert: den Klinsmann-Abgang oder das Kabinen-Video von Kalou?
Windhorst: „Beides ist Vergangenheit. Das Kalou-Video war in einer schwierigen Phase sehr unglücklich. Der überraschende Abgang von Jürgen Klinsmann hatte aus meiner Sicht eine größere Dramatik. Aber auch das haben wir überstanden und blicken nach vorn.“