Auszug:
Marketa Lazarová wurde 1998 von Prager Filmkritikern zum besten tsche- chischen Film aller Zeiten gewählt – nur wenige Monate bevor František Vláčil, der Schöpfer dieses epochalen, unvergleichlichen Mammutwerks, verstarb. Der Regisseur hatte in dem gleichen Jahr auf dem Karoly Vary Filmfestival noch den Preis für sein Lebenswerk erhalten, war aber schon schwer krank. Das Historienepos feierte 1967 Premiere, ein Jahr vor dem Prager Frühling und mitten in der Blütezeit einer Kinobewegung, die in- zwischen allgemein als Tschechoslowakische Neue Welle bekannt ist und mit Filmen glänzte, die international mit Preisen überhäuft wurden, darunter auch zwei Oscars für den besten fremdsprachigen Film in einem Jahrzehnt.
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Im Kern ist Marketa Lazarová deshalb auch ein Experimental lm mit äu- ßerst präzise komponierten formalen Einstellungen, ereignisreich bebilderten Schlachtenszenen, abstrakten Bildschnitten, zwiespältiger Erotik und einer un- gewöhnlichen Liebesgeschichte, die von subtiler Zärtlichkeit ist. Das dadurch entstandene ästhetische Chaos versinnbildlicht geradezu die ungefestigten so- zialen und vielmehr noch psychologischen Strukturen der Welt, die der Film ins Leben ruft. Vláčil feiert die Spontaneität der Emotionen, die Gelüste seiner Handlungsträger, ihren Hang zu brachialer Gewalt und direkter Machtaus- übung. Sinnlose Monologe stehen im Raum. Sind es wirklich Gebete? Immerzu sehen wir die Figuren aus der Froschperspektive, als sei der Film ein Theater der Grausamkeit. Es ist, vereinfacht gesagt, ein poetisches Szenario von Jägern und Gejagten. Horden, die aufeinander treffen, um einander abzuschaffen. (...)
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