Yaeji: "With a Hammer"
Yaeji, US-amerikanische Musikerin mit koreanischen Roots, legt ihr Debüt-Album vor - endlich. Sie macht als Produzentin schon seit acht Jahren Musik. Der martialisch klingende Titel "With a Hammer" ist ein überraschender Name für eine Sammlung meist verträumter Elektroniksongs. Dahinter steckt aber die Idee einer alternativen Persönlichkeit.
Von Marc Mühlenbrock
Wenn zu Yaejis Musik das Kopfkino angeht, sieht man einen flauschigen Wattewolkenpalast oder einen Rave in einem stillgelegten U-Bahn-Schacht vor dem inneren Auge flimmern. Auch wenn ab und an die Beats hämmern - ein Hammer spielte in der Assoziationskette ihrer Musik bisher keine Rolle. Nun hat die 29-jährige ihr Debüt-Album "With a Hammer" genannt und zeigt sich auch auf dem Albumcover mit jenem Werkzeug. Der Hammer symbolisiert ein Gefühl, von dem Yaeji vorher gar nicht wusste, dass sie es empfinden kann: Wut. Zur Erforschung dieses fremden Gefühls hat sie sich sogar in einen sogenannten Wutraum begeben, den man mieten kann, um all seine negativen Gefühle auszuleben und Dinge zu zerstören - mit einem Hammer zum Beispiel. Die Wut als Albumthema steht bei ihr für eine generelle Offenheit gegenüber dem Ausleben eigener, auch neuer Gefühle.
Für ihr Debüt-Album ist Yaeji ins Land ihrer Vorfahren zurückgekehrt. In Korea ist sie nach einiger Zeit bei Mama und Papa wieder zu ihrem Teenager-Ich gemorpht, ein Impuls, der ihr bei der Verarbeitung dieser Zeit in ihren Songs geholfen hat. Yaeji wurde zum Teil von ihrem Großvater großgezogen. In "Done (Let's Get It)" hat sie ihn nun verewigt.
Das treibende Stück mit maschinell anmutendem Beat erzählt von der Liebe, die ihr Opa ihr weitergegeben hat, aber auch von dem Schmerz, den er ihr vermittelt hat - und davon, wie der Kreis des Schmerzes zu durchbrechen ist. Im Video dazu sehen wir sie und ihren Opa als "Bunnydogs", in Kostümen, die gleichermaßen an einen Hasen und einen Hund erinnern.
Für "With a Hammer" hat Yaeji erst eine eigene Welt erschaffen und sich dann vorgestellt, welche Musik wohl darin laufen würde. Zum Album erscheint ein Manga, der die magische Geschichte des titelgebenden Hammers erzählt. Diese Ansätze und Ideen kommen nicht von ungefähr: Yaeji ist eine Konzeptkünstlerin und Grafik-Designerin, sie hat beides auch studiert. Nach ihrem Abschluss an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh 2015 wurde sie DJ und Producerin, war begeistert von der House-Musik der 90er Jahre und brachte schon bald eigene Songs heraus. Nach zwei EPs 2017 und einem Mixtape 2020 erscheint nun ihr Debüt-Album.
In der Welt von "With a Hammer" entfernt sich Yaeji immer weiter von den Clubs. Verspielte Game-Sounds, anarchische Lo-Fi Synthies aus dem Post Punk und mit einem Team an befreundeten Musikern kreierte elektronische Samples prägen "With a Hammer". Und dann noch Yaejis zarter Gesang. Mit zerbrechlicher Stimme schildert sie Erfahrungen in einer Welt zwischen Korea, dem Ort, an dem sie ihre Jugend verbracht hat, und New York, wo sie geboren ist und seit einigen Jahren wieder lebt. Und selbst, wenn man den koreanischen Teil der Texte nicht versteht, transportiert sich in Songs wie "Ready Or Not" or "Be Alone in This" ein Gefühl der Melancholie. Eine ganz eigene Welt eben, in der die Musik zum Verständigungsmedium wird.