Auf der Insel Usedom verbindet eine Straße die polnische Stadt Świnoujście mit der deutschen Stadt Ahlbeck. Sie ist viel befahren, überwiegend von Deutschen, die direkt auf polnischer Seite nach einem Parkplatz suchen. Ihr Ziel: der "Polenmarkt". Die Buden stehen dicht an dicht und bilden eine lange Gasse mit vielen Verzweigungen. Ein Labyrinth des Grenzkonsums. Aus einem Stand ertönt der Rammstein-Song "Deutschland" in Dauerschleife. "Die Käufer sind fast ausschließlich Deutsche. Die Polen kommen nicht hierher", sagt einer der Verkäufer. Vor allem Zigaretten seien noch immer beliebt. Sie sind häufig nur halb so teuer wie im Nachbarland. Außerdem gibt es polnisches Essen wie den Sauerkrauteintopf Bigos oder Unkrautvernichtungsmittel, die in Deutschland verboten sind.
Dieser Markt auf Usedom ist nicht der einzige "Polenmarkt". Es gibt sie überall an der deutsch-polnischen Grenze. Was zieht die Deutschen so magisch an, dass sie sogar aus Hamburg oder Braunschweig viele hundert Kilometer für einen Einkauf fahren? Liegt es nur an den niedrigeren Preisen? Oder ist es auch eine Art "Armentourismus", bei dem der ärmere Pole immer der "Diener" ist, der die wohlhabenderen deutschen Kunden zufrieden stellt? Der gut Deutsch sprechen muss und gar nicht erst erwartet, dass der deutsche Kunde selbst grundlegende Worte wie "Danke" oder "Guten Tag" auf polnisch sagen kann. Klar ist, der "Polenmarkt" ist ein Phänomen im polnisch-deutschen Grenzgebiet, das zeigt, wie ungleich die Beziehungen auch 30 Jahre nach Inkrafttreten der deutsch-polnischen Verträge immer noch sind.