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In Aachen entwickelt ein Start-up der Universität ein Elektroauto für die Stadt. Ab Sommer 2018 soll es über die Straßen rollen. Schon 600 „e.GO-Life“ sind bestellt. Das Team ist im Schnitt erst 29 Jahre alt.
Noch wackelt und ruckelt es ein wenig, wenn das kleine Auto durch die Halle auf dem Campus der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule fährt. Es sind noch Feinarbeiten an Konstruktion und Antrieb zu erledigen, bis das Elektroauto „e.Go Life“ aus Aachen serienreif ist. Aber schon jetzt gibt es einen Vorgeschmack darauf, dass E-Autos günstig sein können – und ihre Besitzer keine Abstriche beim Fahrvergnügen machen müssen.
Das Model „Life“ ist ein Kleinwagen, der recht sportlich beschleunigt. Und mit einer voll aufgeladenen großen Batterie lässt sich eine Strecke von 150 Kilometern zurücklegen und maximal 100 km/h schnell fahren. Das Design des Innenraums ist schlicht und praktisch. Vorwärts- und Rückwärtsgang sind Wippen am Lenkrad, Smartphones lassen sich mit dem Infotainment-Center verbinden.
11.900 Euro Kaufpreis – inklusive der Umweltprämie
Insgesamt können vier Personen in dem E-Auto sitzen, der Kofferraum bietet genügend Platz für einen Einkauf und die Rückbank lässt sich umklappen. „Alle Annehmlichkeiten, die Sie aus anderen Fahrzeugen kennen, funktionieren auch in unserem Auto“, sagt Projektleiter Matthias Kreimeier. Zum Laden der Batterie reicht die haushaltsübliche Steckdose.
Das Besondere: der „eGo-Life“ ist im Vergleich zu anderen E-Modellen auf dem Markt günstiger. 11.900 Euro soll das Aachener E-Auto in der Grundausstattung und nach Abzug des Umweltbonus kosten. Es könne eine „bezahlbare Einstiegslösung in die Elektromobilität“ sein, schreibt der Branchendienst electrive.net.
Aktuell unterstützt die Bundesregierung den Kauf von Batterieelektrofahrzeuge mit 4.000 Euro. „Unser Ziel ist es, Elektromobilität salonfähig zu machen. Dazu muss es praktisch und kostengünstig sein“, so Kreimeier.
Mittlerweile sind schon mehr als 600 Exemplare des „eGo-Life“ vorbestellt. Noch müssen sich interessierte Käufer aber etwas gedulden. Erst im April 2018 wird die Produktion in Aachen beginnen. „Bis zur Serienreife werden wir am Ende des Tages knapp drei Jahre gebraucht haben“, sagt Kreimeier. Die ersten Wagen sollen im Sommer des Jahres ausgeliefert werden.
Rund 30 Millionen Euro hat der E-Auto-Hersteller in die Entwicklung des „Life“ insgesamt investiert, berichten die „Aachener Nachrichten“. Im Schnitt stelle das Unternehmen jeden Monat zehn neue Mitarbeiter ein.
Bei der Arbeitsorganisation orientieren sich Firmengründer Professor Günther Schuh und sein Team stärker an den Strukturen der Softwareentwickler im Silicon Valley als an den großen Entwicklungsabteilungen der Autokonzerne. Die meisten Entwickler stammen direkt von der RWTH in Aachen – das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der Universität ist nur einen Steinwurf entfernt von der e.Go Mobile AG. Im Schnitt ist das Team gerade einmal 29 Jahre alt.
Elektroautos sind Fahrzeuge für die Stadt
Dass E-Autos schon bald herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor komplett ersetzen, denkt Kreimeier nicht. „Der Dieselmotor wird auch noch in den nächsten Jahren das Antriebskonzept sein, was auf Langstrecken gefahren wird.“
Große Batterien, die ermöglichen weite Strecken zurückzulegen, sind noch sehr teuer. Ein Tesla, der eine Reichweite von 480 Kilometer hat und maximal 225 km/h schnell fährt, kostet beispielsweise mehr als 68.000 Euro. Aus Sicht von e.GO sind Elektroautos deswegen vor allem für den Stadtverkehr geeignet.
Auf vollen Straßen und an Ampeln gibt es viele Stop-and-Go-Phasen. Die Strecken zur Schule, Arbeit oder Supermarkt sind in der Regel kurz. „Gerade moderne Benzin- oder Dieselfahrzeuge erreichen ihre vermeintlich geringen Abgaswerte erst, wenn die Motoren ihre Betriebstemperatur erreicht haben“, erklärt Kreimeier.
Reicht eine Reichweite von 150 Kilometern aus?
Bei kurzen Fahrten durch die Stadt werde diese aber nicht erreicht. Ein Elektroauto hingegen muss nicht erst warmlaufen. Das Team von e.GO ist auch überzeugt, dass eine volle große Batterie im Modell Life von morgens bis abends genügt.
„Stadtautos werden hauptsächlich zwischen 30 – 50 Kilometer am Tag bewegt, wobei sich diese Gesamtfahrstrecke auf mehrere Einzelfahrten verteilt“, sagt Kreimeier. Eine Reichweite von 150 Kilometern reiche aus und bietet sogar eine Reserve für längere Fahrten.
Damit Elektromobilität aber nicht nur die Luft in der Stadt sauber hält und auf ganzer Linie umweltfreundlich ist, spielen noch andere Faktoren eine Rolle. „Das funktioniert über die ganze Bilanz erst, wenn der Strom, den wir in unseren Fahrzeugen verwenden, aus regenerativen Quellen kommt, beispielsweise aus der Solarkraft oder der Windkraftenergie.“ Damit Elektroautos auf ganzer Linie sauber sind, müsse noch einiges getan werden.
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