7 subscriptions and 6 subscribers
Article

„Ich wurde auf dem Spielplatz entdeckt"

Die Berlinerin Satou Sabally, 21, gilt als eines der weltweit größten Talente im Basketball. In ihrer Jugend spielte sie unter anderem für DBC Berlin und TuS Lichterfelde, bevor sie mit 19 Jahren an die University of Oregon wechselte. Ihre jüngere Schwester Nyara folgte ihr ein Jahr darauf. Mit den Oregon Ducks gewann Satou Sabally dreimal ihre regionale College-Liga. Am Freitag wird sie nun per Draft als eine der Topkandidatinnen vom College in die nordamerikanische Profiliga WNBA wechseln.

Wie sind Sie in Berlin mit dem Basketball in Kontakt gekommen? Ich sage immer, dass ich auf dem Spielplatz entdeckt wurde (lacht). Ich war für mein Alter bereits sehr groß. Meine damalige Trainerin hat meine Mutter auf dem Spielplatz angesprochen, ich war, glaube ich, neun Jahre alt. Sie hat gefragt, ob ich nicht am Girls Day des Deutschen Basketball-Bundes in der Max-Schmeling-Halle teilnehmen möchte.

Das hat total viel Spaß gemacht, auch wenn ich überhaupt gar kein Basketball spielen konnte. Ich habe das Spiel zunächst nicht verstanden. Ich dachte, mein Team würde „Defense" heißen (lacht). Danach habe ich angefangen, beim DBC Berlin in Schöneberg zu spielen. Damals noch zusammen mit den Jungs.

Mit Energie: Satou Sabally (links) wurde als beste Flügelspielerin der College-Saison ausgezeichnet. Foto: Imago

Mit nur 14 Jahren waren Sie erstmals Teil der Frauenmannschaft vom TuS Lichterfelde, die in der Zweiten Bundesliga spielte. Wie wichtig war dieser Schritt für Ihre Entwicklung? Ich habe sehr schnell gemerkt, dass ich härter spielen und klarer denken muss. Wenn man jung ist, ist man zwar flinker und hat mehr Energie. Aber die älteren Spielerinnen hatten Erfahrung. Die haben Pässe schon weit im Voraus geahnt. Oft kamen auch amerikanische Spielerinnen zu uns rüber, von denen ich mir viel abgucken konnte. Das war eine sehr wichtige Erfahrung.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie - wie auch Politik und Kultur - in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Die Liga ist bis heute in Deutschland medial stark unterrepräsentiert. Kannten Sie damals Stars wie Sue Bird oder waren eher die männlichen Spieler der NBA ihre Vorbilder? Anfangs hatte ich tatsächlich nur männliche Vorbilder. Ich kannte einfach keine Frauen. Das hat sich durch das Nutzen der sozialen Medien verändert, vor allem durch Instagram. Skylar Diggins-Smith wurde meine erste Lieblingsspielerin. Ich habe sie richtig geliebt. Auch, weil wir uns so ähnlich sahen und die gleichen Haare haben. Ich konnte trotzdem kaum mit Leuten darüber sprechen. Die Jungs in meiner Klasse haben immer nur über die männlichen Basketballer gesprochen.

Wenn man sich weiterentwickelt und gut spielt, bieten die Colleges die Stipendien an. Wenn es so weit ist, kann man den einzelnen Universitäten offiziell Besuche abstatten. Ich habe die University of Oregon und die Oregon State University besucht. Erstere ist es dann geworden, auch wenn die Entscheidung schwer war. Das ist wirklich ein intensiver Prozess, den ich größtenteils alleine durchgemacht habe.

Es muss ein tolles Gefühl sein, dank Basketball in die USA zu fliegen und an so einem Level anzukommen, oder? Auf jeden Fall. Das war sehr cool, aber in vielerlei Hinsicht auch ein Kulturschock. Und man muss dazu wissen: Wenn man als Spielerin den offiziellen Besuchstermin wahrnimmt, wirst du natürlich auch wie eine Göttin behandelt. Da bleiben Schleimereien nicht aus (lacht).

Ihre Schwester Nyara ist auch Teil des Teams, auf Grund von Verletzungen konnten Sie aber kaum mit ihr zusammenspielen. Ja, das war echt Schei... Das war echt blöd (lacht). Sie hat sich im ersten Jahr bei der Nationalmannschaft das Kreuzband gerissen. Und im zweiten Jahr noch mal. Es ist extrem schade, dass wir nicht zusammenspielen konnten. Das wollten wir unbedingt, das war das Ziel der gemeinsamen Zeit hier.

Während Ihrer Zeit in Oregon haben sie mit den Ducks dreimal den Titel Ihrer regionalen Liga, der Pacific-12 Conference, gewonnen. Nur der Titelgewinn der nationalen Meisterschaft fehlt ihnen noch. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie wurde Ihnen die Chance genommen, den Titel zum Abschluss ihrer College-Karriere zu gewinnen. Das war ein Schlag ins Gesicht. Nach dem Gewinn der Pacific-12 Conference hatten wir eine Woche frei. In der ist alles zusammengebrochen. Wir haben die Nachricht von unserem Trainer bekommen, dass wir am besten bleiben sollen, wo wir sind. Und das alles Sportliche abgesagt wurde. Es ist echt wahnsinnig bitter.

[Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty" begleiten unsere US-Experten Sie jeden Donnerstag auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty.]

Die Draft muss nun auch digital stattfinden. Wie geht es Ihnen damit? Das wird total komisch sein (lacht). Auch meine Abschlusszeremonie an der Uni lief schon digital ab. Das war bitter.

Team Germany: Satou Sabally spielt auch für das deutsche Nationalteam. Foto: Imago

Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei Alba Berlin, wo die Bemühungen für die eigene Frauenmannschaft zuletzt deutlich verstärkt wurden? Das begrüße ich sehr! Im Männerbereich ist Alba schon immer erfolgreich, dementsprechend hat der Verein auch Ressourcen. Die haben bei anderen Berliner Frauenteams wie beim TuS Lichterfelde oder beim ASV Moabit gefehlt. Es ist wichtig, jetzt daran kontinuierlich weiterzuarbeiten und auch deutschen Spielerinnen die nötige Spielzeit zu gewähren.

Bei Teams der Bundesliga oder der Zweiten Liga passiert es schnell, dass verstärkt auf Amerikanerinnen gesetzt wird. Das ist aber ein Problem des DBB, der dafür andere Regelungen finden sollte, die deutschen Spielerinnen mehr Spielzeit garantieren. Der Weg zu einer besseren Liga kann auf Dauer nur der sein, dass deutsche Spielerinnen bewusst gefördert und weiterentwickelt werden.

Original