Julia Soergel gründete 2008 mit ihrem Partner das Start-up Yolk, das eine selbst programmierte Zeiterfassungssoftware an Selbstständige verkauft. Was wurde aus der Idee? impulse hat bei der Gründerin nachgehakt.
Wie sieht es fünf Jahre später aus?
Nicht anders. Wir hatten seit unserer Gründung oft die Chance, frisches Geld ins Unternehmen zu stecken. Wir haben uns jedes Mal wieder dagegen entschieden. Wir wachsen nur durch unsere eigenen Einnahmen. Besser Schritt für Schritt und selbst finanziert, als durch die Decke zu schießen und Firmenanteile abzugeben - und damit auch Freiheit.
Nein, in dem Maße nicht mehr. Bei dieser Summe muss ich heute schmunzeln. Da steckte noch die Studentendenke in uns. Mittlerweile können wir uns zum Glück ein Vielfaches davon auszahlen. Anfangs planten wir tatsächlich ganz genau: In unsere Ausgabenkalkulation nahmen wir auch 10-Euro-Beträge auf. Heute sprechen wir immerhin noch darüber, wenn es um 100 Euro geht.
Das stimmt. Zu vorsichtig, wie wir schnell gemerkt haben. Wir hatten den Break-even nach einem Jahr angepeilt - real waren wir schon nach drei Monaten im Plus. Allerdings war die Basisversion unserer Software auch schon zum Gründungstermin fertig. Ab dem ersten Tag hatten wir Kunden.
Wir hatten große Angst, das Wohl unserer Firma nur von einem Produkt abhängig zu machen. Wir begannen deshalb relativ früh, einen Prototypen für ein zweites Programm zu bauen. Dafür stellten wir einen dritten Mitarbeiter ein, den wir auch zum Gesellschafter machen wollten. Das ging daneben: Auch wenn es zunächst so aussah, als würde alles zwischen uns passen, waren wir uns in der Strategie nicht einig genug. Wir mussten unseren ersten Mitarbeiter wieder entlassen. Das fühlte sich an wie eine Trennung. Danach wollten wir lieber zu zweit bleiben.
Gar nicht. Wir haben gemerkt: ohne zusätzliches Personal kein neues Produkt. Daraufhin haben wir unser Geschäftsmodell angepasst. Auch wenn wir uns anfangs davor scheuten, haben wir uns nur noch auf Mite fokussiert. Unsere Sorge, eine Übermacht wie Google würde ein Konkurrenzprodukt entwickeln, hat sich zum Glück nie bestätigt.
Ja, aber das war geplant. Da Mite zunächst ein Uni-Projekt war, stellten wir es unseren Nutzern kostenlos zur Verfügung. Das änderte sich, als wir gründeten. Um die Nutzer der ersten Stunde nicht zu verjagen, verlangten wir nur von den Neukunden eine monatliche Gebühr von fünf Euro. Den bisherigen Nutzern stellten wir frei, ob und was Sie für unseren Dienst ausgeben wollten. Mittlerweile zahlen 20 Prozent von ihnen - im Schnitt 4,20 Euro im Monat.
Es hört sich fast zu schön an, aber bei den wichtigen Entscheidungen sind wir tatsächlich einer Meinung. Ich habe mit meinem Partner den Jackpot gezogen - und das Gleiche würde er hoffentlich über mich sagen. Wir hatten allerdings die Zeit, uns und die Arbeit des anderen im Studium kennen- und schätzen zu lernen.
Mein Partner kümmert sich um alles Technische, wie das Programmieren und um das Design der Software. Ich spreche mit den Kunden, führe die Bücher und erledige alles Organisatorische. Da kommen wir uns nicht in die Quere. Auch unser Büro ist getrennt, mein Partner arbeitet in Hamburg von zu Hause aus und ich in Berlin. Nach sieben Jahren Zusammenarbeit können wir so noch ein Bier trinken gehen - als Freunde und ohne übers Geschäft zu reden. Ich würde jedem Gründer empfehlen, sich einen Mitstreiter ins Boot zu holen. Bei wichtigen Entscheidungen und in Krisen ist der Rat eines außenstehenden Freundes oft nicht genug.
Nein, wir haben gefeiert. Für uns zählt nur eine Kennzahl: das Betriebsergebnis, also der Gewinn. Für 2014 hatten wir ein Plus von 230.000 Euro nach Privatentnahmen angestrebt. Unterm Strich waren es tatsächlich 450.000 Euro. Und das, obwohl wir im Businessplan mit dem Ertrag von zwei Produkten gerechnet hatten. Wenn wir sehen, wo wir heute stehen, kneifen wir uns manchmal gegenseitig in den Arm. Wir hätten anfangs nie gedacht, dass eine Idee, wie ein Programm zur Zeiterfassung, so groß werden kann.
Mittlerweile besteht unser Alltag in der Pflege unseres Programms. Neukunden gewinnen wir nur über Weiterempfehlungen, auf Marketing haben wir von jeher verzichtet. Ich würde sagen, wir sind bereits angekommen.
Steckbrief
Name, Alter: Julia Soergel, 33
Firma: Sebastian Munz & Julia Soergel GbR
Geschäftskonzept: Eine Software zum Erfassen der Arbeitszeit
Gründungsdatum: 01.05.2008
Erster Businessplan: 2008
DAMALS:
Umsatzerwartung (2010): 225.000 Euro
Büro- und Lagerfläche: 0 m²
Büro- und Lagerfläche: 0 m²
Auto/ Fahrrad: Tokyobike, Baujahr 2011
Früher dachte ich, Unternehmer ... das sind die mit Schlips, Benz und einer Schar von Anwälten.
Heute weiß ich, ... dass eine Firma auch klein und fair funktionieren kann.
Wenn ich nicht Unternehmerin geworden wäre, ... würde ich freiberuflich an mehreren Internetprojekten arbeiten.