Die historischen Bauten des Marktplatzes spiegeln sich in der Glasfassade. Sie ist eingefasst in einen Stahlbeton-Skelettbau, dazu kommen Faltdach und Reliefplatten aus Aluminiumguss. Es ist das Haus der Bürgerschaft, das von dem Berliner Architekten Wassili Luckhardt entworfen und 1966 eröffnet wurde. Seit vergangenem Sommer ist das Gebäude geschlossen. Der Grund: Sanierungsarbeiten. Zehn Millionen Euro und anderthalb Jahre später sieht das Haus der Bürgerschaft dann bestenfalls aus wie zuvor – denn so will es der Denkmalschutz.
Noch steckt die Bürgerschaft mitten im Umbau: Kabel hängen von den Decken, Wände sind freigelegt. Die Büsten, die sonst am Eingang zur Mittelhalle stehen, sind eingelagert worden. Ein Schild an der Wand erinnert daran, wer normalerweise hier zu sehen ist: die drei Sozialdemokraten Friedrich Ebert, August Hagedorn und Dieter Klink. Im Festsaal auf der zweiten Etage stehen Baugerüste, Schutt liegt auf dem Boden. Neben der Verbesserung des Brandschutzes werden einbruchsichere Fenster eingebaut und die Haustechnik modernisiert. Fachbüros, Gutachter und Immobilien Bremen sind an der Sanierung beteiligt – 50 Handwerker führen die Arbeiten aus.
Bei Bauleiterin Anna Campe laufen die Fäden zusammen. „Seit dem Bau hat es immer wieder leichte Veränderungen und Umbauten gegeben. Bestimmt wurde auch der Brandschutz angepasst, aber noch nie so umfangreich wie jetzt.“ Nicht jeder Umbau sei dokumentiert worden, was an manchen Stellen zu ungeplanten Arbeiten führe, sagt Campe. „Uns war klar, dass wir auf viele interessante Entdeckungen stoßen würden.“ Zum Beispiel Asbest, der in Lüftungsschächten und Fenstern verbaut wurde. Die meisten Stemmarbeiten sind laut Campe mittlerweile erledigt. „Wir müssen vorsichtig sein, dass an den Stellen, an denen wir nicht arbeiten, kein Schaden entsteht.“
Die Modernisierungen sollen die Arbeit in der Bürgerschaft künftig erleichtern. „Bisher musste man sich entscheiden, ob es im Präsidentenzimmer oder im Plenarsaal warm werden soll“, sagt Dorothee Krumpipe, Pressesprecherin der Bürgerschaft. Darum werde die Heizungsanlage erneuert. Vor die neue Technik werden die alten, wenn auch gereinigten, Heizungsverkleidungen gesetzt – ganz im Sinne des Denkmalschutzes. „Wie weit gehen wir mit dem schick machen?“ Diese Frage stellt sich Bauleiterin Campe an vielen Stellen im Gebäude.
Nach der konstituierenden Sitzung am 3. Juli vergangenen Jahres hat die Bürgerschaft das Gebäude verlassen und die Schlüssel an Immobilien Bremen übergeben. Die Verwaltung ist in den Börsenhof gezogen, die Abgeordneten ins Rathaus. Coronabedingt finden die Sitzungen nun in der Messehalle statt – denn dort könne man ausreichend Abstand voneinander halten. „Im Rathaus saßen wir alle dicht beieinander und jetzt alle sehr weit auseinander“, sagt Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff (CDU). Die Vorzüge eines Plenarsaales, sie fehlen: die Sitzaufteilung der Fraktionen, die gute Tonqualität. „So ein Parlament ist übersichtlich und komprimiert.“
Dennoch weiß der Präsident um die Notwendigkeit der Sanierung: Wie auch das eigene Zuhause, müssten die Häuser der öffentlichen Hand instand gehalten werden. „Sonst haben wir ein Parlament, das nicht mehr funktionstüchtig ist.“ Während die Parlamentarier außerhalb des Gebäudes weiterhin Politik machen, sind die dunklen Holzmöbel und der markante rote Teppich des Plenarsaals unter Planen versteckt. Das Zentrum der parlamentarischen Demokratie ist von den Baumaßnahmen ausgenommen, nur die Beleuchtung soll erneuert werden. Die Abgeordneten müssen noch einige Zeit in einem provisorischen Plenum tagen: Ende des Jahres sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein – dann muss geschaut werden, inwiefern die Corona-Regelungen im Plenarsaal eingehalten werden können.
Luckhardts Entwurf hat in den Nachkriegsjahren für Furore gesorgt. Mittlerweile steht das Haus der Bürgerschaft unter Denkmalschutz. Am Ende des Umbaus soll die Bremische Bürgerschaft den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gerecht werden – während der ursprüngliche Charme des Gebäudes erhalten bleibt.
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