Maja Heban war 17, als ihr klar wurde, dass sie transgeschlechtlich ist. Sie wuchs im konservativen Südosten Polens auf dem Land auf und hatte noch nie etwas von verschiedenen Genderidentitäten gehört. Erst als sie im Schulunterricht einen Aufklärungsfilm sah, in dem transgeschlechtliche Menschen vorkamen, merkte sie: "Es gibt noch andere Menschen, die so sind wie ich".
Für die heute 30-jährige war dieser Film ein großes Glück, denn an polnischen Schulen gehört Sexualaufklärung nicht zum normalen Unterrichtsstoff. Schon vorher hatte Heban gefühlt, dass sie eine Frau ist. In der Schule litt sie unter Mobbing, weil sie anders war, als von ihr erwartet wurde, und hatte depressive Phasen. Der Film machte ihr deutlich, dass sie eine Veränderung brauchte, eine Transition, wie sie es nennt. Damit würde ihr Leben zwar zunächst schwerer, doch würde sich wenigstens eine Perspektive eröffnen.
Die Situation in Polen ist für die gesamte LGBTI-Community angespannt. Sie hat sich seit 2015 noch einmal verschlechtert, denn rechtskonservative Politiker_innen sowie Vertreter_innen der katholischen Kirche setzen seither bewusst auf Hetze als politische Strategie. Präsident Andrzej Duda sagte im Juni, LGBTI seien "keine Menschen, sondern eine Ideologie".
Transgeschlechtliche Menschen trifft der Hass besonders. Nach einer Studie verschiedener LGBTI-Organisationen haben fast 80 Prozent von ihnen in den vergangenen zwei Jahren Gewalt wegen ihrer Geschlechtsidentität erlebt. "Transgeschlechtliche Menschen kämpfen, um diese harte Zeit zu überleben", sagt Emilia Wiśnieska von der NGO Trans-Fuzja. "Und wir fürchten, dass es noch schlimmer wird."
Outing vor der FamilieWit Kania steht noch am Anfang seiner Transition. Der 25-jährige Psychologe lebt in Krakau und arbeitet in der Aidshilfe. Er brauchte lange, um sich über seine Geschlechtsidentität klarzuwerden. "Schon als kleines Kind konnte ich mich nicht als Mädchen identifizieren", sagt er. Inzwischen weiß er, dass er ein schwuler Mann ist, der in einem Frauenkörper steckt. Bald möchte er mit einer Hormontherapie beginnen. Davor will er sich einer großen Herausforderung stellen: Sich vor seiner Familie outen. "Ich versuche, den Mut dazu zu finden", sagt Kania.
Auch für Maja Heban war das Outing vor ihrer Familie als Jugendliche nicht einfach. Ihre Mutter war überfordert, nachdem Heban ihr sagte, sie sei eine Frau. Lange wurde das Thema dann einfach totgeschwiegen. "Das Warten hat mich innerlich fast umgebracht", erinnert sie sich. Heban ritzte sich, begann, Pillen zu horten. Irgendwann lenkte Hebans Familie ein, und sie machte den ersten Termin beim Arzt.