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"Die Anmeldung könnte man genauso in ein schwarzes Loch werfen"

Bis Eltern erfahren, ob sie einen Betreuungsplatz für ihr Kind bekommen, dauert es oft Monate. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Laut einer Befragung der Stadt sind 42 Prozent der Eltern unzufrieden mit der Kinderbetreuung in München. Auch das Online-Programm Kita-Finder, das die Platzsuche eigentlich erleichtern soll, stößt auf viel Kritik.


Das Urteil klingt hart: Eine "absolute Katastrophe" sei die Kinderbetreuung in München, sagt ein Vater, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. Als sein Sohn im Krippenalter war, kümmerte er sich um die Buchhaltung der Elterninitiative. Als der Kindergarten einem anderen Bauvorhaben weichen sollte, kämpfte er erfolgreich für den Erhalt. "Man fühlt sich allein gelassen", sagt der Vater. Nun steht er schon wieder vor einer Hürde: Der Sohn wechselt in die Grundschule, einen Hortplatz aber hat er bisher nicht. "Die Anmeldung über den Kita-Finder könnte man genauso gut in ein schwarzes Loch werfen", sagt der Mann.

Dass man die Anmeldung genauso gut hätte wegwerfen können - dieses Gefühl überkommt gerade Hunderte Eltern. Bis Anfang April haben sie sich über das Online-Programm Kita-Finder für einen Krippen-, Kindergarten- oder Hortplatz angemeldet und seitdem nichts mehr gehört, weder vom Bildungsreferat noch von den Tagesstätten. Die einen bangen um den Wiedereinstieg in den Beruf nach der Elternzeit. Die anderen fürchten, dass sie ihre Vollzeitstelle reduzieren oder aufgeben müssen, weil die Nachmittagsbetreuung in der Grundschule früher aufhört als zuvor im Kindergarten.

Die Zufriedenheit mit der Kinderbetreuung lässt zu wünschen übrig. In der neuen Bevölkerungsbefragung der Stadt gaben 42 Prozent der Eltern mit Kindern bis sechs Jahre an, dass sie unzufrieden oder sehr unzufrieden sind mit der Verfügbarkeit mit Betreuungsplätzen. Noch schlechter schnitten nur die Parkplatzsituation und das Wohnungsangebot ab. Betroffene Eltern wünschen sich mehr Sicherheit bei der Kita-Suche, das hört man oft.

Das sieht auch Stadtschulrätin Beatrix Zurek so. "Ich kann gut verstehen, dass die Familien sich Sorgen machen", sagt sie. Deshalb arbeite das Bildungsreferat auch kontinuierlich an einer Verbesserung der Situation, und zwar auf mehreren Ebenen. Zum einen sollen passgenauere Angebote geschaffen werden, also mehr Plätze in den Einrichtungen oder eine Verlängerung der Betreuungszeiten. Zum anderen wird auch der Kita-Finder selbständig optimiert, wie es aus der Pressestelle heißt. Das geschehe drei bis vier Mal im Jahr. So werde aktuell zum Beispiel die Suche nach den 1402 im Programm verzeichneten Einrichtungen verbessert. Gearbeitet wird zufolge zudem an den Statusinformationen für die Eltern. Gleichzeitig untersuche die Firma Arxes Tolina, die das Elternportal entwickelt hat, wie benutzerfreundlich der Kita-Finder wirklich ist.

Ein wesentlicher Faktor, warum Eltern teilweise so lange auf einen Platz warten, ist die schiere Masse der Anmeldungen. Für das neue Kindergartenjahr, das im September beginnt, sind insgesamt etwa 20 000 Kinder angemeldet. Wie viele davon schon versorgt sind und wie viele noch bangen, will das Bildungsreferat nicht verraten. Voraussichtlich im Juni sollen alle Eltern angeschrieben werden, die noch keinen Betreuungsplatz erhalten haben.

Jeder fünfte Platz wird nicht über den Kita-Finder angeboten

Bis dahin vollzieht sich dasselbe Spiel immer wieder von vorne: Eine Familie erhält einen Platz zugeteilt und hat dann zehn Tage Zeit, diesen anzunehmen. Ungewollte Plätze gehen zurück in den Pool und werden von Neuem vergeben. Das allerdings gilt nur für 80 Prozent aller Kita-Plätze. Jeder fünfte Platz wird also nicht über den Kita-Finder angeboten, weil sich nicht alle Einrichtungen beteiligen.

In diesem Jahr lagen die Osterferien besonders unpraktisch: Die Grundschulanmeldung war kurz vor der schulfreien Zeit, in den Ferien tat sich wenig. Länger als sonst stand nicht fest, welche Kinder nun tatsächlich in die Schule kommen und welche noch nicht. Deshalb hören viele Eltern bis jetzt, fast eineinhalb Monate nach Anmeldeschluss, noch am Telefon, dass sie sich weiter gedulden müssten. "Ein Platz in einer Betreuungseinrichtung kann erst vergeben werden, wenn feststeht, dass er zum September sicher frei wird", erklärt der Sprecher des Bildungsreferats. Es gebe aber keine Häufung solcher Fälle

"Mir ist egal, ob es viele oder wenige Fälle gab", erklärt hingegen eine betroffene Mutter. Für sie zähle nur, ob sie einen Kindergartenplatz für ihre Tochter bekomme - und das sei bis heute nicht der Fall. Das Bildungsreferat versucht zu beruhigen. "Die Erfahrung der vergangenen Jahre ist, dass die Landeshauptstadt ausreichend Kita-Plätze stellen kann und der Bedarf grundsätzlich zu 100 Prozent gedeckt ist." So würden den Eltern so lange bedarfsgerechte Angebote gemacht, bis sie eine geeignete Einrichtung für ihr Kind gefunden haben. Manche Familien wären allerdings schon froh, wenn sie in naher Zukunft wenigstens einen Platz zugewiesen bekämen.


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