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Ein Nadelpieks gegen Heroinsucht - Drogen | PM Online

Keine andere Droge führt so schnell in die körperliche und psychische Abhängigkeit wie Heroin. Um Drogenabhängigen zu helfen, machten sich Forscher den allgemein üblichen Impfmechanismus zunutze und entwickelten diesen kreativ weiter. Ein neuer Impfstoff verspricht Abhängigen jetzt durch seine einzigartige Wirkweise Hoffnung.


Wissenschaftler des Scripps Research Instituts im kalifornischen La Jolla entwickelten einen Impfstoff gegen Heroinsucht, den sie erfolgreich an Ratten testeten. Durch die Bildung von Antikörpern sowohl gegen Heroin als auch dessen Abbauprodukte verhindert der Impfstoff, dass das Heroin seine volle Wirkung im Körper entfaltet und wirkt gleichzeitig einem Rückfall nach Entzügen entgegen. Die gebildeten Antikörper binden sich im Blut an die Drogenmoleküle und hindern diese daran, die Blut-Hirn-Schranke zu passieren. Diese bildet eine natürliche Schranke zwischen Blutstrom und Zentralnervensystem und verhindert, dass Krankheitserreger oder Toxine aus dem Blut ins Gehirn gelangen. Auch das Heroin muss diese passieren, um sich an die im Gehirn befindlichen Opioidrezeptoren zu setzen und seine volle Wirkung zu entfalten. Dies wird durch die Antikörper verhindert.


Das Aus für das Drogen-High

Die Forscher testeten den Impfstoff an süchtigen Ratten. Nach der Impfung verloren die Tiere trotz uneingeschränkten Zugangs zum Heroin schnell das Interesse an der Droge. Vermutlich, so die Forscher, bleibe die euphorisierende Wirkung der Droge aus, da diese nicht bis ins Gehirn vordringen könne.


Erreicht Heroin die Rezeptoren im Gehirn, senkt es die Schmerzempfindlichkeit. Um die Wirkung des Impfstoffes zu testen, setzten die Forscher die Ratten zusätzlich auf eine heiße Herdplatte. Das Ergebnis: Nur die mit dem Impfstoff versorgten Ratten zogen ihre Pfoten genau so schnell von der Herdplatte wie die drogenfreien Tiere der Kontrollgruppe. Die Droge war also nicht an die Opioidrezeptoren der geimpften Tiere gelangt.


Impfung verhindert psychoaktive Mechanismen, die eine Rückfall fördern

Die Entwicklung des Impfstoffes erwies sich als kompliziert, da Heroin im Blut sehr schnell in Acetylmorphin und schließlich Morphin umgewandelt wird. Jede der drei Verbindungen wirkt als Droge auf den Menschen. Ein Impfstoff muss daher das Immunsystem dazu bringen, verschiedene Antikörper gegen alle drei Substanzen zu bilden, ohne die Wirkung schmerzstillender Mittel zu mindern. Dies ist den Forschern gelungen.


Ehemals süchtige Personen haben meist noch lange ein starkes Verlangen nach dem überwältigenden High-Gefühl, das sie mit Freude und Zufriedenheit überschwemmt - Gefühle, die sie mit der Drogenszene verbinden. Dieser Mechanismus treibt viele zurück in die Abhängigkeit. Ähnlich scheint es den Ratten zu gehen: Nicht geimpfte süchtige Ratten verfielen rasch wieder dem Drogenkonsum. Geimpfte süchtige Ratten hingegen suchten den Heroinvorrat genau so selten auf wie nicht süchtige Ratten. Der Grund: Der Impfstoff verhindern den Übergang der Drogenmoleküle ins Gehirn und blockiert so die psychoaktive, also bewußtseinsveränderne, Wirkung der Droge. Die Mechanismen für einen Rückfall sind ausgeschaltet.


Der Impfstoff verspricht zwar keine Wunderheilung, doch kann er die bisherigen medikamentösen und psychotherapeutischen Therapieansätze sinnvoll ergänzen. Die Forscher hoffen, den Wirkstoff schon bald in klinischen Studien an Menschen testen zu können. Weltweit nutzen circa 11 Millionen Menschen Heroin. Der schmerzhafte Entzug ist meist nur mithilfe therapeutischer und medikamentöser Unterstützung möglich. Unterstützende Medikamente können jedoch selbst in eine Abhängigkeit führen oder durch die Blockade der Opioidrezeptoren die Wirkung wichtiger körpereigener Botenstoffe verhindern; Schwer Stimmungsschwankungen sind dann die Folge. Und auch nach einem Entzug bleibt das Rückfallrisiko hoch. Es bleibt also zu hoffe, dass die Nadel schon bald den Absprung von der Nadel ermöglicht.

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