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ZurQuelle Magazin: Ein Herz für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Ein Herz für...

Seit dem 01. Januar 2018 gilt es nun, das - puh, tief durchatmen - "Netzwerkdurchsetzungsgesetz", kurz NetzDG. Die geniale Idee: Dem Hass im Netz begegnen, indem man ihn löscht. Das Problem: Statt einer unabhängigen Instanz, sollen die Social Media Plattformen selber entscheiden, was entfernt gehört.

Twitter hat auch schon einen effektiven Weg gefunden, mit dem Dilemma umzugehen und löscht einfach drauf los. Besonders AfD-Politikerinnen und Politiker sowie deren Anhänger bekommen das zu spüren. "Ein Glück!" möchte man meinen, wenn die Braunen Blauen nicht schon wieder einen Weg gefunden hätten, daraus politischen Profit zu schlagen: Seit Twitterperle und Klimaexpertin Beatrix von Storch direkt am 01. Januar für ihren Tweet über "barbarische, muslimische, gruppenvergewaltigende Männerhorden" kurzzeitig gesperrt worden ist, inszeniert man sich als Opfer von Zensur und Unterdrückung.

Der Hass muss weg, der Umgang mit ihm auch

Dabei könnte alles so schön sein: Tatsächlich hat das NetzDG einigen Leuten eine Atempause verschafft. Dem Journalisten Richard Gutjahr zum Beispiel, über den alleine auf YouTube mehr als 800 Hassvideos existieren. Nichtsdestotrotz ist das Gesetz schon jetzt, obwohl erst seit knapp drei Wochen in Kraft, ziemlich unbeliebt. Das mag hauptsächlich daran liegen, dass sich Twitter, Facebook & Co. äußerst bedeckt halten darüber was warum gelöscht wird - oder nicht. Denn es werden eben nicht nur Hassbotschaften über "barbarische Muslime" gesperrt, sondern auch satirische Kommentare, die diesen Sprachgebrauch aufnehmen.

Der nächste TITANIC-(bvs)-Tweet wurde von @TwitterDE für Deutschland gesperrt. TITANIC bittet @HeikoMaas um Hilfe.#Satirefreiheit #jesuischarlie https://t.co/gAfTKyntop pic.twitter.com/9xDb4gCpn2

- TITANIC (@titanic) January 2, 2018

Offenbar wissen die Plattformen selber nicht, was gelöscht gehört und was nicht. Das zeigt auch der Fall der Street-Art-Künstlerin Barbara: Mehrere ihrer Bilder wurden auf Facebook und Instagram ohne Angabe von Gründen gelöscht. Erst nach einer öffentlichen Beschwerde zog Facebook die Entscheidung zurück und entschuldigte sich bei ihr. Auf Anfrage kommentierte Barbara mir gegenüber das Vorgehen: "Über den Zusammenhang mit dem NetzDG kann ich wie du auch nur spekulieren. Es dürfte aber auf der Hand liegen, dass der Druck auf die Plattformen erhöht wurde, und jetzt lieber ein Beitrag zu viel als ein Beitrag zu wenig gelöscht wird."

Hier die gelöschten Bilder von Barbara

Da die Frage, wo Meinungsfreiheit aufhört, bekanntermaßen schwer zu beantworten ist, löscht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht nur Shitstorms, sondern erzeugt sie auch selber.

Aber vielleicht ist gerade das die wahre Magie des NetzDGs: Die Deutschen, unabhängig ihrer politischen Überzeugung, finden endlich wieder gemeinsam etwas kacke. Zusammen hasst es sich schließlich immer noch am besten! Zum Trost bekommt das arme kleine NetzDG ein großes Herz von uns.

Außer dem NetzDG gab es in der letzten Woche folgende Themen...

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Eine bösartige Babysitterin will den zwölfjährigen Cole ermorden. "The Babysitter" bei Taste the Waste.

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