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Bio-Eier ohne Baugenehmigung?

Bürgerinitiativen in Mecklenburg-Vorpommern kritisieren die Erzeugergemeinschaft Fürstenhof. Der zweitgrößte Bio-Eiervermarkter Deutschlands soll sich neue Ställe jeweils für 15.000 Legehennen genehmigen lassen, dann aber Ställe für 24.000 Tiere bauen. Zumindest ein Fall ist aktenkundig – die verhängte Strafe fünfstellig.

Volkenshagen ist ein Ortsteil der Gemeinde Klein Kussewitz im Landkreis Rostock. 700 Einwohner, eine bekannte Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert und die Bio-Heidehof GmbH – jüngstes Mitglied des Erzeugerzusammenschlusses (EZG) Fürstenhof, deren Geschäftsführer Friedrich Behrens ist. Die im Juni 2011 gegründete GmbH wollte im Ortsteil Volkenshagen Bio-Eier produzieren und stieß damit bei den Anliegern auf wenig Gegenliebe. „Wir hatten schon zur Planung Unterschriften gesammelt, fast das ganze Dorf hatte unterschrieben. Doch dann hat sich die Gemeinde mit der Bio-Heidehof GmbH und Herrn Behrens auf den Standort und eine Größe von 14.800 Tieren geeinigt.“ Das berichtet Peter Jeworutzki, einer der Nachbarn, die sich gegen die Anlage wehren. Sie warnten schon während des Baus im Jahr 2012, dass das Vorhaben überdimensioniert sei. Tatsächlich entstanden dort vier Gebäude mit je zwei 3.000er-Ställen für insgesamt 24.000 Hennen. So viele wurden Ende 2012 auch eingestallt. Das ergab eine Nachkontrolle des Veterinäramtes, nachdem die Anwohner im April 2013 wegen der Überbelegung Alarm geschlagen hatten.

Anwohner sprechen von „Betrug“

Der rechtliche Hintergrund: Ein Betrieb mit mehr als 15.000 Legehennenplätzen ist nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig. Die Behörde kann zudem nach Lage des Einzelfalls entscheiden, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Unter 15.000 Hennen genügt eine einfache Baugenehmigung. Wer mehr Tiere hält, verstößt dagegen.

Der für die Baugenehmigung zuständige Landkreis Rostock sah deshalb in dem Vorgehen der Bio-Heidehof GmbH eine Ordnungswidrigkeit und verhängte ein Bußgeld. Gegenüber der Ostseezeitung bestätigte EZG-Geschäftsführer Friedrich Behrens ein Bußgeld in fünfstelliger Höhe und rechtfertigte die Überbelegung mit einer Notlage. In einem anderen EZG-Betrieb habe sich die Erweiterung verzögert, die Junghennen seien aber schon bestellt gewesen und hätten irgendwo untergebracht werden müssen.

Gleichzeitig zitiert jedoch die Schweriner SVZ Behrens mit dem Satz: „Es ist so gewesen, dass in der Endstufe hier 24.000 Tiere eingestallt werden sollten.“ Man sei in zwei Schritten vorgegangen, weil das Genehmigungsverfahren kleinerer Anlagen durch den Kreis ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und damit schneller erfolgt als das Verfahren für größere Anlagen bei der Immissionsschutzbehörde.

„Vorsätzlich getäuscht“ fühlte sich der Bürgermeister von Volkenshagen laut OZ, die Anwohner nannten es „eindeutig Betrug.“

Die Bio-Heidehof GmbH beantragte im Mai bei der zuständigen Immissionsschutzbehörde, die bestehende Legehennenanlage auf 24.000 Tierplätze „ohne bauliche Veränderungen“ erweitern zu dürfen. Die Genehmigung dafür erteilte diese Behörde im Dezember 2013. Die Anwohner haben dagegen Widerspruch eingelegt. Nach ihren Angaben werden derzeit in Volkenshagen weiterhin 24.000 Tiere gehalten.

Taktik mit System?

Diese Taktik habe System, sagen die Volkenshagener und nennen Initiativen, die mit EZG-Betrieben die gleichen Erfahrungen gemacht haben. Etwa in Groß Markow in der Gemeinde Lelkendorf, ganz im Osten des Landkreises Rostock. Dort will Friedrich Behrens mit der Ökofarm Groß Markow GmbH ebenfalls einen Betrieb für 15.000 Legehennen errichten. Auch dort sollen vier Gebäude mit je zwei Ställen entstehen. Diese sollen laut Bauantrag teilweise nur mit 1.480 oder 2.500 Legehennen belegt werden, so dass unter dem Strich 14.960 Tierplätze „vorgesehen sind“. Drei Seiten weiter heißt es jedoch, es würden „acht Einzelställe geschaffen, so dass immer 3.000 Tiere zusammen gehalten werden.“

Die Gemeinde habe zweimal ihr Einvernehmen für den Bauantrag verweigert, berichtet der Anwohner Bert Burchett. Das Landratsamt habe im Juni 2012 dennoch die Baugenehmigung erteilt. Jetzt klagt er gegen die Genehmigung. Er hat, wie viele in der Region, auf den Öko-Tourismus gesetzt und viel Geld in eine Ferienwohnung investiert. Direkt daneben soll jetzt die Stallanlage entstehen.

Behrens sieht kein Problem

Friedrich Behrens erklärte gegenüber BioHandel, dass es gut sei, wenn er in einem großen Stall weniger Hennen als möglich einstalle und die Tiere dadurch mehr Platz hätten als die EU-Öko-Verordnung vorschreibe.

Bereits funktioniert hat die Umwidmung im Falle des EZG-Betriebs Farm Walkendorf, ebenfalls im Landkreis Rostock. Für die dortige Legehennenanlage beantragte der Betreiber schon 2011 die Aufstockung von 14.960 auf 24.000 Tiere, ebenfalls „ohne bauliche Veränderung“. Das heißt, dass der bestehende Stall von vorneherein für so viele Tiere gebaut worden war.

Vorläufig gescheitert ist die EZG mit ihren Plänen im brandenburgischen Löpten, Gemeinde Groß-Köris, südlich von Berlin. Dort wollte das Unternehmen in zwei alten Ställen einer ehemaligen LPG von Anfang an 36.400 Legehennen halten. Nach drei Jahren Diskussion lehnte die zuständige brandenburgische Immissionsschutzbehörde Anfang Februar 2014 den Antrag ab, nicht aus inhaltlichen, sondern aus formalen Gründen. In Löpten setzte sich allerdings auch die Gemeinde mit planungsrechtlichen Mitteln gegen die neuen Ställe zur Wehr.

Bio und Baugenehmigung

Bio-Kontrolleure sind keine Bau-Inspektoren. Allerdings verlangt die EU-Öko-Verordnung in Artikel 74 bei der Aufnahme eines Tierhalters in das Öko-Kontrollverfahren „eine vollständige Beschreibung der Haltungsgebäude“. Darunter könnte auch die Baugenehmigung fallen. Auf Nachfrage bestätigte eine andere große Kontrollstelle BioHandel, dass das Vorhandensein baurechtlicher oder immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen von Bio-Kontrolleuren nicht nachgeprüft wird. Da gehe man davon aus, dass sich darum die dafür zuständigen Behörden kümmern.

Eng verflochten – die EZG Fürstenhof

Der Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof (EZG) „besteht aus zwölf biologisch produzierenden Ökobetrieben in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg“ heißt es auf der Webseite der EZG. Die Betriebe sind zumeist als GmbHs strukturiert, an denen Friedrich Behrens und Elke Lembcke sowie deren Familienmitglieder zusammen meist 50 Prozent oder mehr der Anteile halten und die Geschäfte mit führen. Friedrich Behrens war früher Gesellschafter des konventionellen Eierkonzerns Heidegold. Er verkaufte seine Anteile 2002 und begann, in Mecklenburg-Vorpommern in den Ökolandbau zu investieren, insbesondere in die Erzeugung von Bio-Eiern. Als Geschäftspartnerin begleitete ihn von Anfang an die Agraringenieurin Elke Lembcke, die zuvor für Heidegold gearbeitet hatte.


Erschienen auf www. biohandel-online am 24. 03. 2014