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Column

Auf ein kurzes Wort: Bau

Es gibt Maschinenbauer, Autobauer, Flugzeugbauer, Anlagenbauer und Musikinstrumentenbauer, darunter Geigen-, Klavier- und Orgelbauer. Und es gibt Bergbauern, Waldbauern, Milchbauern, Weinbauern, Obst- und Gemüsebauern, Bio- und Ökobauern? Im Einzelfall ist es jedesmal ein Bauer, aber in der Mehrzahl sind es entweder Bauer oder Bauern. Warum sind eigentlich Bauer keine Bauern und Bauern keine Bauer? Sie haben doch alle etwas mit dem Bauen zu tun, der Autobauer ebenso wie der Ackerbauer – oder etwa nicht?

Vielleicht nicht ganz. Denn ein Autobauer baut ein Auto, aber der Ackerbauer baut keinen Acker. Er bebaut ihn bloß. Bauen und Bebauen ist zweierlei. Während die Bauer handwerkliche oder technische Berufe ausüben, in denen sie etwas herstellen oder fertigen, befassen sich die Bauern mit dem Säen und Ernten und daneben oft noch mit der Haltung von Nutztieren. Dieser Unterschied zwischen den "Bau"-Berufen wird freilich durch die industrialisierte Landwirtschaft weitgehend verwischt. Treibhäuser und Massentierhaltungen sind mit Fabriken vergleichbar, in denen das Hegen und Pflegen von Pflanzen und Tieren ersetzt ist durch Fließbandarbeit am lebenden und allzuoft leidenden Objekt.

In der Sammlung fehlt jetzt ausgerechnet noch der typischste Bauberuf: der des Maurers. Und ausgerechnet hier kommt die Berufsbezeichnung "Bauer" nicht vor. Nicht selten spricht man zwar von einem "Häuslebauer", aber damit ist weniger ein Bauarbeiter als ein Bauherr gemeint. So ist ausgerechnet für den baulastigsten aller Berufe ein Verlegenheitsausdruck übriggeblieben: eben "Maurer". Als ob man in diesem Handwerk bloß mit Mauern und Wänden befasst wäre. Nun, immerhin liegt der Ausdruck nicht ganz daneben; denn beim Hausbau teilen sich Maurer, Zimmerleute und manch andere Spezialisten die Arbeit. Alle zusammen könnte man durchaus "Hausbauer" nennen, aber das ist nicht üblich.

Eher sieht man die Vögel als Nestbauer an und sagt man zu den Behausungen manch anderer Wildtiere geradezu "Bau": die bekanntesten sind Fuchs- und Dachsbau. Solche Bauten erfüllen den einzigen Zweck des Wohnens. Genau beim Wort genommen, ist das Wohnen selber das Bauen. Im Vorfeld des Bauens als des Wohnens wird tatsächlich bloß gemauert und gezimmert, der Bau, sprich: die Wohnung, errichtet und eingerichtet. Sein heißt im Bau sein, erst wenn du (wohnhaft) bist, baust du. Und nebenan baut der Nachbar, der nächste Bauer. Ja, die Bauern sind eigentlich die nebeneinander Wohnenden. Sie sind, also bauen sie, also wohnen sie nachbarlich. Ihr bäuerliches Nebeneinandersein ist das von Buren, den Wohnort Teilenden. Buren gibt es also nicht nur in Südafrika, sondern überall, wo Menschen sich ansiedeln, zusammen wohnen, nachbarschaftlich leben, wo leben bauen heißt im Sinne von: ich bin, und Du bist.

Kleines Quiz zum Stichwort "Bau"
  • Was verbindet Bau mit gliedern? – aufbauen
  • Was verbindet Bau mit erweitern? – ausbauen
  • Was verbindet Bau mit Automobilindustrie? – Autobau
  • Was verbindet Bau mit Wohnung? – Bau
  • Was verbindet Bau mit Landwirt? – Bauer
  • Was verbindet Bau mit Maurer? – Bauhandwerker
  • Was verbindet Bau mit Architekt? – Bauingenieur
  • Was verbindet Bau mit Kunst? – Baukunst
  • Was verbindet Bau mit Fabrik? – Bauplatz
  • Was verbindet Bau mit Geldinstitut? – Bausparkasse
  • Was verbindet Bau mit Technik? – Bautechnik
  • Was verbindet Bau mit bereiten? – bebauen
  • Was verbindet Bau mit sein? – bin
  • Was verbindet Bau mit Sein? – Futur
  • Was verbindet Bau mit Haus? – Gebäude
  • Was verbindet Bau mit Maschine? – Maschinenbau
  • Was verbindet Bau mit Mitbewohner? – Nachbar
  • Was verbindet Bau mit roh? – Rohbau
  • Was verbindet Bau mit verändern? – umbauen
  • Was verbindet Bau mit Bergwerk? – Untertagebau
  • Was verbindet Bau mit Käfig? – Vogelbauer

BUCHHINWEISE
  • Etymologien: DUDEN, KLUGE, PFEIFER
  • Heidegger: Bauen Wohnen Denken

ABC-Bild: Tim Reckmann / pixelio.de