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Mercedes geht style

Elegantes Design: Das schmale Oberrohr, die mattschwarzen Komponenten und dezenten Farbverläufe geben dem Mercedes Style Bike seinen sportlichen Look. Fotos: Lena Frommeyer

Wäre das Style Bike von Mercedes eine Stadt, dann vielleicht Hamburg: schön, kühl und dennoch mit der Fähigkeit ausgestattet, im richtigen Moment auszurasten, wie es die Norddeutschen zum Beispiel gern bei Festivals tun.


Wäre es ein Song, dann "Silver Maschine" von Hawkwind. "I, I just took a ride. In a silver machine. And I'm still feeling mean", heißt es da. Tatsächlich fühlt man sich verwegen, wenn man im Feierabendverkehr auf dem Silberpfeil an den Markengeschwistern auf vier Rädern vorbeizieht.


Viel spricht dafür, dass nicht nur Businessmenschen auf das Style Bike umsatteln könnten. Schlicht, silberfarben, windschnittig: Das Rad ist eine Ode ans Understatement. Mercedes-Benz bleibt seiner Designsprache zugleich treu. Der elegante Racer sieht ein bisschen aus wie ein SLC auf zwei Rädern. Verantwortlich dafür ist auch die kanadische High-End-Fahrradschmiede Argon18. Mit ihr hat sich der Autobauer für die Entwicklung des Rades zusammengetan.


Fahrrad vom Autobauer: igitt oder gut?


Doch ist es nicht paradox, wenn Autokonzerne den Fahrradmarkt bedienen? Franzosen würden das verneinen. Alleine zehn Mal rauschten Sieger der Tour de France auf einer Rennmaschine von Peugeot durchs Ziel. In Deutschland blickt vor allem Opel auf eine Velo-Vergangenheit zurück. In Rüsselsheim wurden seit 1886 fünf Jahrzehnte lang Räder gebaut - in der größten Fahrradfabrik weltweit, so das Unternehmen. Kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges wurde die Produktion zugunsten des Automobils eingestellt, 2016 aber durch den Urenkel Adam Opels mit der Marke Opelit wieder aufgenommen.

Auch Hersteller wie BMW, Porsche und VW hübschen ihr Lifestyleportfolio mit exklusiven Fahrradchargen auf. Das bringt Sympathiepunkte in einer Zeit, in der Mobilität nachhaltiger werden soll. Die Käufer unterstützen trotzdem einen Autobauer - für manche überzeugte Radler ist das keine schöne Vorstellung. Vielleicht ist es aber auch unwichtig, wer ein Transportmittel produziert, solange zwei Beine statt sechs Zylinder für Antrieb sorgen. Und das vielleicht sogar in Richtung Verkehrswende.


Bestzeit nicht in Sicht


Weitsicht spielt auch beim Style Bike eine große Rolle. Das Vollcarbonrad ist ein Endurance Racer und somit für Langstreckenfahrten ausgelegt. Stabilität und Komfort prägen diese Rennradvariante. Möglich machen das ein vibrationsdämpfender Rahmen und große Reifen. Außerdem sitzt der Fahrer aufrechter und soll so weniger schnell ermüden. Ursprünglich wurden Endurance Bikes entwickelt, damit es bei Pflastersteinrennen in Frankreich Knochen und Gehirn nicht so durchschüttelt.

Das Mercedes-Benz Style Bike wird diesen Ansprüchen gerecht, auch wenn die Sitzposition ruhig etwas aufrechter sein könnte. Man schlägt mit dem Rad nicht seine Bestzeiten auf der Hausstrecke, ist aber trotzdem antriebsstark unterwegs. Die Gabel schluckt reichlich Erschütterungen, auch von mittelhohen Baumwurzeln. Auf glattem Asphalt fängt die Sache dann bei einem Reifendruck von 8 bar an, richtig Spaß zu machen.


Nervig: Bei Regen quietschen die Bremsscheiben


Das Style Bike ist für 6000 Euro über den Verkaufspartner UnitedCycling.com erhältlich, optional mit der elektronischen Schaltung Ultegra Di2. Als Shimano die Gruppe auf den Markt brachte, freute sich die Radwelt: Endlich elektronisch schalten, ohne ein Vermögen dafür zu bezahlen. Der Akku mit Ladezustandsanzeige befindet sich im Unterrohr. Dezent führen die Kabel in den Rahmen hinein. Die Schalthebel lassen sich auch mit dickeren Handschuhen komfortabel bedienen. Die Schaltung betet die 2x11 Gänge flott hoch und runter.

Zum Stehen bringen einen Dura Ace RT 800 Scheibenbremsen von Shimano. Nervig: Beim Bremsen auf nasser Fahrbahn jammern sie schrill auf. Das Style Bike rollt auf Trimax 40 Laufsätzen des Herstellers Vision. Die Hochprofilfelgen aus Carbon sind keine Leichtgewichte, laufen aber überdurchschnittlich gut.


Mehr als einen Stern fürs Design


An der Ampel spürt man die Blicke anderer Radler. Sie suchen den Rahmen ab. Nur zwei Details lassen auf die Marke schließen: der winzige Schriftzug am Oberrohr und der Stern, der auf eine magnetische Plakette gedruckt ist und den Abschluss des Steuersatzes bildet. Dort findet sich eine weitere Besonderheit: Statt auf einen Spacerturm setzt der Hersteller auf eine in den Rahmen integrierte Höhenvariation (siehe Bildergalerie). Drei Kappen (0,15 oder 30 mm) setzen ihn fast nahtlos fort.

Der schmale Rahmen, die Farbverläufe an Gabel, Sitz- und Kettenstrebe, die mattschwarzen Komponenten - das alles ist erstaunlich unspießig. Mercedes hat schon vorher Räder produziert, etwa mit dem Hersteller Focus. Dabei stand aber das Design nicht so sehr im Mittelpunkt, wie beim Style Bike. Der Hersteller setzt zudem mit dem Renner nicht nur auf Racing: Das Rad ist auch als Pendelmaschine für die täglichen 20 Kilometer zur Arbeit eine Option. Vor allem, wenn man stilvoll unterwegs sein möchte.

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