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Unisex-Toilette verhindert Café-Eröffnung an Museum

Markus Mahla steht in einer Toilette, die für viel Aufregung sorgt. Eigentlich sieht das WC seines frisch sanierten Cafés Benjamine ganz harmlos aus: ein Waschbecken und drei dunkelblau gekachelte Kabinen hat Mahla dort einbauen lassen. Sie können von allen Geschlechtern genutzt werden. Egal ob weiblich, männlich oder divers. Und genau dieser Umstand stellt ein Problem dar – zumindest laut dem Ordnungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Verordnung zur Ausführung des Gaststättengesetzes schreibt vor, dass es geschlechtergetrennte Toiletten geben muss. Da sich das Amt daran halten will, verweigert es die Konzession. Das Café Benjamine darf deshalb auch nach Ende des Lockdowns nicht öffnen.


Dabei hatten sich Mahla und seine Partnerin Jasmin Hein auf die Eröffnung ihres Cafés am Georg Kolbe Museum in Westend gefreut und einiges investiert: neue Backsteine zieren die Terrasse, Bauhaus-Elemente finden sich unter Möbeln und Lampen, die Farben des Interieurs wurden Kolbes Kunst nachempfunden – auch die blauen Kacheln in der Toilette. Alles sei für einen hohen sechsstelligen Betrag nach denkmalrechtlichen Vorgaben saniert worden, erzählt Mahla. Er rechnet jedoch nicht damit, dass er die Zulassung noch in diesem Sommer bekommt. „Unser Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass wir unsere Unisex- in geschlechtergetrennte Toiletten umbauen müssen“, sagt Mahla.


Gastronom hielt sich an Empfehlung des Senats für Unisex-Toiletten

Auf die Ablehnung angesprochen, dementiert Ordnungsstadtrat Arne Herz (CDU). Zwar seien Unisex-Toiletten nach der Verordnung „als alleiniger Ersatz allgemeinhin nicht zulässig“, sagt er. „Im vorliegenden Fall konnte die Gaststättenerlaubnis allerdings aufgrund anderer Erfordernisse bislang noch nicht erteilt werden“, so der Stadtrat. Dokumente, die der Berliner Morgenpost vorliegen, belegen jedoch eindeutig, dass die Ablehnung des Ordnungsamts mit den Unisex-Toiletten begründet wird. Diese müssten umgebaut werden, bevor das Café Benjamine öffnen darf, heißt es dort.


Mahla und die von ihm beauftragten Architekten haben sich bei der Sanierung des Cafés an eine Vorgabe des Berliner Senats von 2015 gehalten. Darin empfiehlt der Senat den Gastronomen ausdrücklich den Bau von geschlechterneutralen Toiletten. Im Gegensatz zu oben genannter Verordnung besitzt die Senatsvorgabe jedoch keine Rechtsgültigkeit. „Deshalb kann sich der Stadtrat durchaus darauf berufen“, weiß Mahla.


Pissoir-Streit wurde mit Kompromiss beigelegt

Seit er im März den negativen Bescheid des Ordnungsamts bekommen hat, versucht Mahla zu verhandeln. Das Amt hat von ihm verlangt, mindestens ein getrenntes Herren- sowie Damen-WC mit jeweils separaten Spülbecken zu bauen. Auch eine Behinderten-Toilette wurde gewünscht. Und in der Herren-Toilette sollte es laut Ordnungsamt zwei Pissoirs geben.


Zumindest bei dem Streit um die Pissoirs hatte man sich auf eine Lösung geeinigt, erzählt Mahla: „Nun muss ich nur noch eines statt zwei einbauen.“ Ohnehin hätte er für ein zweites Pissoir keinen Platz im engen Untergeschoss, ebenso wenig wie für ein Behinderten-WC. Hierbei hat sich Mahla mit dem Museum darauf geeinigt, dass seine Gäste dort eine Toilette für mobilitätseingeschränkte Personen besuchen können.


Ordnungsamt lässt „erlaubnisfreien Gaststättenbetrieb“ zu

Nun will er die Personal- zur Herren-Toilette umbauen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Mit einer Zulassung vor dem kommenden Herbst rechnet er trotzdem nicht. Weitere Unterlagen und Skizzen müssten eingereicht werden, bei einem noch nicht bestimmten Termin prüft das Ordnungsamt noch einmal die Einhaltung aller Vorgaben. „Im Sommer würden wir das größere Geschäft machen“, sagt Mahla, „wenn das wegfällt, können wir gleich wieder schließen.“


Immerhin: Das Ordnungsamt hat nun den „erlaubnisfreien Gaststättenbetrieb“ zugelassen. „Das bedeutet im Grunde, dass wir Kaffee und Kuchen verkaufen dürfen“, so Mahla, „damit machen wir aber nicht genug Umsatz.“ Am kommenden Wochenende wolle er dennoch eine kleine Eröffnung feiern, damit überhaupt bekannt wird, dass das einstige Café K. nach seiner Schließung vor eineinhalb Jahren einen neuen Besitzer hat.


Felix Recke, Fraktionschef der FDP im Bezirk, kritisiert, dass das Bezirksamt „unglaublich stur und kleinlicher als notwendig“ agiere. Das Amt sei Dienstleister für Bürger. In diesem Zusammenhang gäbe es rechtlich die Möglichkeit, eine vorläufige Zulassung unter der Auflage zu erteilen, dass der Umbau bis zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sein muss. „Dann könnten die Wirte zumindest noch das Sommergeschäft mitnehmen“, so Recke. „Dies nicht einmal in Erwägung zu ziehen, spricht nicht gerade für eine wirtschaftsfreundliche Politik.“

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