Für viele Unternehmer ist das ostafrikanische Dschibuti noch ein weißer Fleck auf der Weltkarte. Blicken diese auf die unterentwickelte Region, so überwiegt vorschnell das Bild von eng zusammengepferchten Rindern, die mit dem Frachtschiff auf eine tagelange Seereise geschickt werden. Das schreckt viele Firmen ab.
Dass dem nicht immer so ist, zeigt China Merchants Holdings International. Der chinesische Hafenbetreiber wagte im Frühjahr eine Investition in das Entwicklungsland am Roten Meer. Für 185 Mio. USD erwarb das Unternehmen aus Hongkong eine Mehrzweckanlage im Port of Djibouti. Er ist der Hauptstadthafen des kleinen Landes, das zwischen Äthiopien, Somalia und Eritrea in der Konfliktregion am Horn von Afrika liegt.
Im Investitionspaket inbegriffen war zudem eine Zweidrittelbeteiligung am benachbarten Containerterminal in Doraleh, DCT. Miteigentümer und Erbauer des Terminals ist DP World. Das Dubaier Hafenunternehmen investiert seit der Eröffnung im Jahr 2009 kräftig in das DCT. So soll die aktuelle Umschlagkapazität von 1,5 Mio. Teu in einer zweiten Bauphase für rund 300 Mio. USD bis 2015 noch einmal verdoppelt werden.
Eile besteht nicht, denn das DCT ist nur knapp zur Hälfte ausgelastet. Dennoch ist DP World vom Potenzial des Landes überzeugt: "Investitionen in die dschibutische Infrastruktur sind unerlässlich, um von der schnell wachsenden Wirtschaft zu profitieren", erklärt Mohammed Sharaf, Vorstandschef der Gruppe. Dabei motivieren die seit Jahren konstanten Wachstumsraten.
So konnte der Containerumschlag in den vergangenen zehn Jahren auf rund 791.800 Teu um das Siebenfache zulegen. Und auch der Massengutumschlag stieg im selben Zeitraum von rund 4,5 Mio. t auf ungefähr 7,5 Mio. t. "Das liegt vor allem an steigenden Im- und Exportzahlen einiger Binnenländer in Ostafrika", erklärt der dschibutische Botschafter, Aden Mohamed Dileita. So wuchs der Außenhandel Äthiopiens nach Schätzungen der Wirtschaftsexperten der Economist Intelligence Unit in diesem Jahr um 6 Prozent. Für das Nachbarland im Westen ist Dschibuti der wichtigste Zugang zur Exportwirtschaft. Afrikas größter Kaffee-Exporteur wickelt bereits 98 Prozent seines Außenhandels über Dschibuti ab.
Das will sich die Regierung des kleinen Landes zunutze machen: Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin verlangt sie nicht nur weit überdurchschnittliche Hafennutzungsgebühren. Sie will zudem auch kräftig in die Infrastruktur investieren. Mit Hilfe von ausländischen Privatinvestoren sollen in den nächsten drei Jahren 14 neue Infrastrukturprojekte für rund 6,08 Mrd. USD entstehen. Geplant sind unter anderem vier neue Häfen, zwei Flughäfen, zwei Freihafenzonen sowie der Ausbau des Straßen- und Schienennetzes.
Den Anfang machte der Hafenausbau in Doraleh. Im September war erster Spatenstich für einen 400 Mio. USD teuren Mehrzweckhafen. Die Kailänge soll sich einmal auf 4130 m belaufen und 15 Schiffen gleichzeitig Platz bieten. Nach Angaben der zuständigen Behörde könne der Hafen jährlich 29 Mio. t umschlagen. Zudem startete das Land im Juli dieses Jahres den Bau einer neuen Eisenbahnverbindung, die künftig die Häfen in Dschibuti mit der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba verbindet. Mit Ökostrom betriebene Loks sollen nach der Fertigstellung rund 75 Prozent der äthiopischen Im- und Exporte transportieren. Die Versorgung dafür übernehmen neue Solar- und Windparks im Land. Bislang müssen die Güter fast ausschließlich auf der unzureichend ausgebauten Fernstraße befördert werden.
Mit der Rolle als Tor zur ostafrikanischen Wirtschaft gibt sich die dschibutische Regierung jedoch keinesfalls zufrieden. "Unser Ziel ist es, Dschibuti als internationalen Transhipment-Hub zu positionieren", erklärt Aboubaker Omar Hadi, Vorsitzender der Hafenbehörde Djibouti Ports and Free Zone Authority. Der Transhipment-Anteil am Containerumschlag ist innerhalb weniger Jahre auf rund 60 Prozent gestiegen. Bedient werden unter anderem Länder an der ostafrikanischen Küste sowie auch die Arabische Halbinsel. Dabei konnte das Land vor allem durch die zunehmende Unsicherheit ausländischer Konkurrenzhäfen profitieren. So kam der jemenitische Hafen in Aden zuletzt immer wieder durch terroristische Anschläge in die Schlagzeilen.
"Für Dschibuti ist ein Ausbau seiner Hafeninfrastruktur zudem die beste wirtschaftliche Option, weil in dem Land kaum andere Möglichkeiten existieren", erklärt Martin Böll, Afrika-Experte bei Germany Trade and Invest. Ungefähr drei Viertel des Bruttoinlandsprodukts kommen aus dem Dienstleistungssektor. Da ein eigener Binnenmarkt kaum existiert, ist die dschibutische Wirtschaft fast komplett von ausländischen Handelspartnern abhängig. Deshalb schlägt die Regierung des kleinen Landes auch in Europa kräftig die Werbetrommel. So warb Botschafter Aden Mohamed Dileita gemeinsam mit dem Marketingleiter der Hafenbehörde, Mohamed Aref, auf einer Veranstaltung im Herbst in Hamburg um ausländische Investoren. Denn erst 43 Prozent der benötigten Gelder sind gesichert. Mit Steuer- und Zollfreiheiten sollen weitere Investoren angelockt werden.
Ganz darauf verlassen will sich die dschibutische Regierung jedoch nicht: Auch in Zukunft soll ein neuer Hafen in Damerjog, an der somalischen Grenze, jährlich 2 Mio. lebende Tiere aus der Region verschiffen. Die traditionell wichtige Einnahmequelle ist auch weiterhin unentbehrlich für Dschibutis Wirtschaft.
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