Weder Name noch Aussehen unserer Autorin lassen auf ihren bosnischen Hintergrund schließen. Sie beobachtet, dass sie deshalb oft wie eine weiße Deutsche behandelt wird. Ihre Erfahrung zeigt, wie Diskriminierung in Deutschland funktioniert.
Unsere Autorin hat eine unsichtbare Migrationsgeschichte. Sie entscheidet, wann sie über ihre Reisen nach Sarajevo, Ćevape und Turbofolk sprechen will.
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Diskriminierung habe ich als Tochter einer Migrantin nie erlebt
Diskriminierung habe ich als Tochter einer Migrantin nie erlebt, nur Interesse und Verwunderung. Meine Familiengeschichte scheint ein positives Gadget zu sein. Zum Thema wird sie immer nur dann, wenn ich das will. Wenn ich zum Beispiel über Sarajevo spreche, eine Hausarbeit mit Westbalkan-Bezug schreibe oder meinen Kroatisch-Sprachkurs beiläufig erwähne. Dann runzeln die Menschen die Stirn und ich erzähle von meiner Familie. Ich gehöre damit zu den 26 Prozent der deutschen Bevölkerung, die eine Migrationsgeschichte haben - aber nicht nur wegen meines Namens, sondern auch wegen meines Aussehens und meiner akzentfreien Aussprache ist meine unsichtbar.
Ich entscheide wem, wann und in welchem Umfeld ich von meiner Migrationsgeschichte erzähle
Ein unterschwelliges „Woher kommen Sie denn?" oder „Woher stammt Ihre Familie?" habe ich noch nie gehört
Eine Studie des Sachverständigenrates für Migration und Integration belegt, dass Menschen, deren phänotypische Merkmale auf eine ausländische Herkunft schließen lassen, wie ein Kopftuch, ein Akzent oder eine dunkle Hautfarbe, sich deutlich häufiger diskriminiert fühlen als Zugewanderte, die „typisch deutsch" aussehen. Für mich zeigen diese Zahlen eine Doppelmoral der deutschen Gesellschaft. Ein unterschwelliges „Woher kommen Sie denn?" oder „Woher stammt Ihre Familie?" habe ich noch nie gehört. Auch in Jobanzeigen heißt es oft „Wir fördern Menschen mit diversen Biografien", aber am Ende wird häufig - so zumindest mein Gefühl - dann die Person genommen, die „passend" zur weißen Mehrheitsgesellschaft scheint. Nicht Hatidza oder Murat, sondern Menschen wie ich. Es fühlt sich ungerecht an, wenn Menschen mit einer ähnlichen Familiengeschichte, aber einem sichtbaren Migrationshintergrund, anders behandelt werden als ich - und das ist es auch.
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