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Feature

Doris' Traum

Doris Wetzel will als erster Mensch allein den 6000 Kilometer weiten Atlantik mit dem Kite überqueren. Was treibt sie an?

Dieses unendliche Blau, das sich da vor ihr erstreckt wie ein ganzes Universum, ist eine Versuchung. Doris Wetzel steht am Strand, die Füße im Sand, blickt aufs Meer. In den Händen das gelbe Brett, aus dem eine riesige Finne ragt. Und vor sich nichts als Wasser, rund 6000 Kilometer. Ein von Stürmen und haushohen Wellen beherrschter Ozean.

Doris hat diesen Moment schon so oft in Gedanken durchgespielt. Denn sie hat einen Traum: Im Frühjahr 2019 will sie über den Atlantik kiten, den nördlichen Teil, von New York bis an die französische Atlantikküste, um irgendwo zwischen Biarritz und Brest zu landen. Sie wäre der erste Mensch, der das allein bewältigt.

Doris kann erahnen, auf was sie sich einlässt. Früher gehörte sie zur Elite des deutschen Segelsports, gewann Regatten, holte Meisterschaftstitel und qualifizierte sich fast für die Olympischen Spiele. Aber nun will sie mit einem winzigen Brett und einem Drachen den zweitgrößten Ozean der Erde überqueren. Einen ganzen Monat, viel- leicht sogar zwei über das Wasser surfen. Tagein, tagaus, für zehn Stunden am Stück oder mehr. Warum sie sich das antut? Die 41-Jährige beantwortet diese Frage mit den Worten des britischen Bergsteigers George Mallory. Weshalb er unbedingt den Mount Everest bezwingen wolle, wurde der gefragt. „Weil er da ist“, antwortete der Haudegen. „Hindernisse zu überwinden, das reizt doch uns alle“, sagt Doris.

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