Der russische Ableger der BBC berichtete kürzlich von Verträgen der Moskauer Finanzbehörde Rosfinmonitoring, die schon im April dieses Jahres mit verschiedenen einheimischen Softwareherstellern abgeschlossen wurden. Bei der Ausschreibung ging es um die Gewinnung und Verarbeitung von Informationen von Krypto-Wallets. Die Aufträge besitzen ein Gesamtvolumen in Höhe von 195,5 Millionen Rubel, das sind umgerechnet rund 2,49 Millionen Euro. Die Behörde und das Moskauer Institut für Sicherheit und Informationsanalyse (SPI) haben die Presseanfragen der BBC nicht beantwortet. Eine Preisgabe jeglicher Details hat man wegen der Geheimhaltungspflicht abgelehnt.
Bereits im Jahr 2014 kritisierte Rosfinmonitoring die theoretische Möglichkeit, illegale Transaktionen mithilfe von Kryptowährungen durchzuführen. Die Transaktionen von Wallet zu Wallet sollen künftig im vollen Umfang transparent sein. Herman Klimenko, ein ehemaliger Berater von Präsident Putin, sagte gegenüber BBC, dass es gerechtfertigt sei, dass Kryptowährungen effektiver überwacht werden sollen. Wegen der erschwerten Auffindbarkeit verwenden Straftäter Kryptowährungen häufig im Darknet. Laut Klimenko sei davon vor allem der Erwerb von Waffen, Drogen oder Videos mit illegalen Inhalten betroffen.
Kritiker wie Anton Merkurov von Satoshi.fm bemängeln, die Durchleuchtung der Blockchain von Bitcoin & Co. führe nur dazu, dass die Kriminellen auf Kryptowährungen umsteigen, die man eben nicht mehr verfolgen kann. Die Pläne der Behörde würden nur dazu führen, dass die Täter andere Coins benutzen, statt aufgedeckt zu werden. Außerdem sei der Anteil des gehandelten Vermögens, das tatsächlich zum Zwecke der Geldwäsche eingesetzt wird, verschwindend gering.
Die überaus transparente Architektur der Blockchain des Bitcoin öffnet der staatlichen Überwachung Tür und Tor. Soweit zumindest die Theorie. Problematisch wird es allerdings in der Praxis, sobald Wechselbörsen wie XMR.TO eingesetzt werden, die die Daten ihrer Nutzer erst gar nicht abfragen. Auch Shapeshift.io arbeitet jenseits des Know-Your-Customer-Prinzips (KYC). Das führte letzten Sommer dazu, dass Cyberkriminelle für kurze Zeit WannaCry-Lösegelder über diesen Dienstleister getauscht haben, um ihre Spuren zu verwischen. Während Shapeshift.io unbedingt die echte IP-Adresse seiner Nutzer abfragen will, hat XMR.to im Frühjahr 2017 eine eigene Onion-Adresse für das Tor-Netzwerk eingerichtet.
Unter diesen Umständen dürfte es für die russischen Behörden selbst unter Einsatz der neuen Software unmöglich sein, jemanden zu überführen. Das wiederum wird früher oder später zu neuen Ausschreibungen und noch teureren Aufträgen führen. Das digitale Wettrüsten hat längst begonnen, Gewinner des Hase-und-Igel-Spiels dürften vor allem die Entwickler der teuren Überwachungs-Software sein.
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