Das "animated still-life" drückt eine Art von Zeitlichkeit aus, die mich faszinierte: Auf eine bestimmte Art und Weise werden die scheinbaren Gegensätze von Bewegung und Stillstand miteinander verbunden. Berlants Schreiben ist von einer unglaublichen Präzision, Eleganz und von einer poetischen Kraft gekennzeichnet, durch die Berlant - ähnlich wie in Texten Édouard Glissants oder Fred Motens - begriffliche Gegensätze poetisch verbunden und aneinander durchgearbeitet hat. Durch diese poetische Verbindung eröffnet sich ein anderer Raum, der aus den Prozessen historisch-linearen Denkens heraustritt und andere Denkweisen ermöglicht.
Diese Kritik an historisch-linearem Denken entspringt in Berlants Buch aus einer umfangreichen Gesellschaftskritik, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen kann. Mich faszinierte aber die Konsequenz, die Berlant daraus für ästhetische Formen und Formate gezogen hat: Nicht die linearen Dramaturgien, von denen die Formensprache westlicher Konzertmusik bis heute geprägt ist, sind die adäquaten Formen unserer Zeit, sondern das, was Berlant als den "impasse", als Sackgasse, oder die "stretched-out-present" bezeichnet: eine Art fortwährende, undurchsichtige, ausgedehnte Gegenwart, die sich nirgendwohin entwickelt - vor allem nicht nach vorn, höchstens seitlich vielleicht, lateral ...
Das animierte Stillleben fängt in seinem bewegten Stillstand genau dieses Zeitempfinden ein, das ich in "In Abeyance" klanglich verwirklichen wollte. Und auch "In Abeyance" beinhaltet genau diese Gegensätze -natürlich ist es auch ein Konzertstück, das einen Anfang und ein Ende hat -, das aber zwischendurch hoffentlich doch einen anderen, nicht-teleologischen musikalischen Erfahrungsraum eröffnet.