Als Dub nach Europa überschwappte und in Berliner Studios mit Detroiter Techno kombiniert wurde, ging diese Dimension verloren. Ein Projekt allerdings nahm in seinen Tracktiteln Metaphern der Häfen, des Nautischen und der Bewegung in sich auf: Porter Ricks benannten sich nach dem Besitzer des Delfins Flipper aus der gleichnamigen Serie und gaben ihren ersten im Jahr 1996 auf Vinyl veröffentlichten Tracks Namen wie "Nautical Dub" oder "Port of Call". Ergänzt durch zwei weitere Stücke erschienen sie noch im selben Jahr auf CD auf dem Basic-Channel-Sublabel Chain Reaction, benannt wurde das Album nach den zwei durchnummerierten Nachzüglern: "Biokinetics", in der Biomechanik der Begriff für die Erforschung von Körperbewegungen. Anders als Dub oder Techno schien Dub Techno eigentlich primär dazu gedacht, eher den Verstand als den Körper in solche Bewegungen zu versetzen. Zumindest nicht den menschlichen.
Kristoffer Cornils
Berlin
Review
Records Revisited - Porter Ricks - Biokinetics (1996) - Deutsch (HHV.de Mag)
Dub ist nicht ohne die Seefahrt zu denken. Nicht ohne Grund gab einer der Pioniere des Genres seinem Studio den Namen eines Schiffs: In der Black Ark von Lee "Scratch" Perry wurden zahlreiche der zentralen Alben des Genres produziert. Dub ist allerdings auch eine Ausprägung dessen, was der Kulturtheoretiker Paul Gilroy einst in seinem gleichnamigen Buch als "Black Atlantic" bezeichnete, eine diasporische Kultur, die im Rahmen des transatlantischen Sklavenhandels mit Gewalt begründet wurde. Dub hat deswegen immer auch eine politische Dimension, weil darin das nachhallt, was Gilroy als "doppeltes Bewusstsein" bezeichnete: eine Form von Identität, die ihr Zuhause gleichermaßen auf der einen wie auf der anderen Seite des Atlantiks hatte.
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