Häufig werden in Medien viele unterschiedliche Ansichten wiedergegeben. Wenn Randmeinungen einem wissenschaftlichen Konsens zu oft gegenübergestellt werden, kann es aber zu einem gefährlichen Phänomen kommen - der "False Balance".
"Das Problem ist nicht die Meinungsvielfalt, sondern die Verstärkung
gefährdender Positionen durch die Medien", erklärt der Salzburger
Kommunikationswissenschafter Josef Trappel. Gerade in Zeiten der
Pandemie habe man feststellen müssen, dass diese "Verstärkung" eine
Bedrohung für die Gesundheit der gesamten Bevölkerung darstellen könne.
"In der Kommunikationswissenschaft herrschte bisher Konsens darüber,
dass die Vielfalt der Meinungen in der Berichterstattung gut für die
Demokratie und unser Zusammenleben ist. Gerade eben erleben wir aber,
dass es in Krisenzeiten Grenzen gibt", erklärt Trappel.
Auch der Salzburger Psychologe Lukas Thürmer sieht in der "False Balance" eine Gefahr. "Wir bilden uns unsere Meinung auf Grundlage der Informationen, die uns zur Verfügung stehen." Werden Randmeinungen aber durch die Berichterstattung prominent wiedergegeben, könne der Eindruck der "Beliebigkeit" entstehen. "Es kann passieren, dass man denkt: ,Die einen sagen das, die anderen etwas anderes' - obwohl eigentlich wissenschaftlicher Konsens herrscht."
Nachrichtenmedien schlägt Trappel vor, ein Umfeld zu schaffen, in dem bestimmte Positionen reflektiert wiedergegeben werden können. Dadurch könne man Meinungsvielfalt sicherstellen, den Menschen aber bei der Einordnung helfen. Hier sei die Unterscheidung zwischen zwei Formen der Vielfalt wichtig: "Bei der reflexiven Vielfalt wird nur wiedergegeben, was die Mehrheit ohnehin denkt. In der offenen Vielfalt finden alle Inhalte Niederschlag." Bisher sei man sich in seinem Fach sicher gewesen, dass letztere Form alternativlos für die Demokratie ist. "Doch vermutlich liegt die beste Lösung dazwischen."
Auch Psychologe Thürmer setzt auf Einordnung. "Indem man auf Statistiken zurückgreift und Information einordnet, kann man einer Verzerrung entgegenwirken. Man sollte generell erklären, wie repräsentativ eine bestimmte Meinung ist", rät der Psychologe.Original