Ein schwerer schwarzer Vorhang begrenzt den Saal der Neuköllner Oper. Das Publikum sitzt auf zwei kleine Podien zu beiden Seiten der Spielfläche verteilt. In der Mitte, entgrenzt und doch ganz klar definiert, erhebt sich der Bühnenaufbau: ein zweistöckiges mit weiß-weichen Tüchern verhangenes Holzkonstrukt. Durch den transparenten Stoff schimmert sanft in gleißendem Licht ein weißer Flügel, auf dessen geöffneten Vorderdeckel ein schwarzes Keyboard leicht aufragt. Denn diese Fassung von Viktor Ullmanns Cornet Rilke arbeitet nicht ausschließlich mit dem Naturklang von Klavier und Stimme. Malte Giesens Re-Komposition des Melodrams verarbeitet und verzerrt an ausgewählten Stellen live abgenommene Töne ebenso wie im Vornherein Eingespeistes, bleibt dabei jedoch behutsam. Sublim schöpft die Komposition aus dem alten Material Stimmungen und Klangempfindungen; übersetzt sie in eine andere musikalische Sprache, statt sie zu überschreiben.
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